185.000 Menschen fordern sichere Fluchtwege aus Afghanistan

Bundesweit fordern Menschen eine Luftbrücke für Menschen aus Afghanistan. Die Petition der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye für sichere Fluchtwege ist innerhalb von 48 Stunden von über 185.000 Personen unterzeichnet worden.

Die Seenotrettungsorganisation Sea-Eye sieht das Bundeskabinett in der Pflicht, sichere Fluchtwege aus Afghanistan zu beschließen. Die Lage in Afghanistan ist außer Kontrolle und die Zivilbevölkerung ist den Taliban schutzlos ausgeliefert. Sea-Eye hat daher am Sonntag eine Petition zur Einrichtung sicherer Fluchtwege aus Afghanistan gestartet. Über 185.000 Menschen haben sich der Forderung innerhalb von 48 Stunden angeschlossen.

Das Bundeskabinett möchte am Mittwoch ein Bundeswehrmandat für die Evakuierung von Ortskräften, Botschaftspersonal und besonders gefährdeten Personen beschließen. Außerdem soll beraten werden, wie die Nachbarländer bei der Aufnahme von Geflüchteten unterstützt werden können. Die Einrichtung eines „humanitären Korridors“, wie ihn der EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni heute forderte, steht nicht auf der Tagesordnung.

„Die Fluchtwege in die Nachbarländer Afghanistans dürfen nicht in einer humanitären Sackgasse enden. Die Forderungen nach europäischer Abstimmung und der Hilfe vor Ort dienten in der Vergangenheit immer nur als Rechtfertigung der eigenen Untätigkeit. Daher fordern wir die Bundesregierung und die EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, allen Menschen, die Afghanistan verlassen müssen, eine echte Perspektive zu geben und sichere Fluchtwege zu schaffen, um schutzsuchende Menschen aufzunehmen. Wir fordern Frau Dr. Angela Merkel und Herrn Heiko Maas im Besonderen dazu auf, sich bei Deutschlands Partnern für eine schnelle, humanitäre Lösung einzusetzen und mit gutem Beispiel voran zu gehen“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.

Eine menschliche Tragödie, für die wir Mitverantwortung tragen“

Nach Angaben von Sea-Eye hat das Nachbarland Usbekistan bereits angekündigt, Fluchtbewegungen aus Afghanistan verhindern zu wollen. Die Türkei hat damit begonnen, eine Mauer an der Grenze zum Iran zu errichten. Griechenland hat ebenfalls angekündigt, flüchtende Menschen an seiner Grenze abzuwehren. Bangladesch will auch keine flüchtenden Menschen aus Afghanistan aufnehmen.

Es gibt allerdings auch viele Stimmen, die sich für eine bedingungslose Aufnahme von afghanischen Flüchtenden aussprechen. So appellierte die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai an Regierungen weltweit, jedes Land hätte eine Verantwortung: „Die Länder müssen ihre Grenzen für afghanische Flüchtlinge öffnen, für die vertriebenen Menschen.“

Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) fordert alle Länder auf, flüchtende Afghan:innen aufzunehmen und keine Abschiebungen mehr durchzuführen: „Staaten haben die rechtliche und moralische Verantwortung, den aus Afghanistan Fliehenden Schutz zu gewähren und Flüchtende nicht zwangsweise zurückzuschicken.“

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betont die Verantwortung, die Deutschland nun zu tragen hat: „Wir erleben in diesen Tagen eine menschliche Tragödie, für die wir Mitverantwortung tragen.“

Die kanadische Regierung sagte bereits am Samstag zu, bis zu 20.000 Schutzsuchende aus Afghanistan aufzunehmen. „Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan wurde 20 Jahre lang damit begründet, dass es wichtig für Deutschland ist, Verantwortung für die Menschen Afghanistans zu übernehmen. Nun muss diese Verantwortung wahrgenommen und humanitäre Korridore für alle schutzsuchenden Menschen eingerichtet werden“, sagt Isler weiter.