Dringlichkeitsantrag an CPT für Besuch auf Imrali
Die Anwält:innen von Abdullah Öcalan haben einen Antrag an das Europäische Komitee zur Verhinderung von Folter bezüglich eines Besuchs auf Imrali gestellt.
Die Anwält:innen von Abdullah Öcalan haben einen Antrag an das Europäische Komitee zur Verhinderung von Folter bezüglich eines Besuchs auf Imrali gestellt.
Die Isolation Abdullah Öcalans und der anderen drei auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Kurden dauert an. Auch nach dem Besuch seines Neffen Ömer Öcalan am 23. Oktober auf Imrali kann Öcalan weiterhin keinen Anwaltsbesuch oder weiteren Familienbesuch empfangen. Aufgrund dieser Situation wenden sich die Anwält:innen von Abdullah Öcalan an das für die Haftbedingungen auf Imrali zuständige Europäische Komitee zur Verhinderung von Folter (CPT).
34 Anträge auf Anwaltsbesuch ignoriert
In dem Antrag weisen die Anwält:innen darauf hin, dass innerhalb von vier Monaten 34 Anträge auf Anwaltsbesuch und 18 Anträge auf Familienbesuch für die Gefangenen auf Imrali gestellt wurden, aber unbeantwortet geblieben sind. Außerdem kritisieren die Anwälte die Totalisolation zwischen dem 25. März 2021 und dem 23. Oktober 2024. In dieser Zeit drang kein Lebenszeichen von Imrali nach außen. Auch nach dem Besuch von Ömer Öcalan wurden keine weiteren Familien- oder Anwaltsbesuche zugelassen.
„Das Vorgehen ist gesetzwidrig“
Die Anwält:innen sprechen von einer systematischen Praxis der Verkettung von Disziplinarstrafen. Bisher wurden 24 Kontaktsperren als Disziplinarstrafen gegen die Gefangenen auf Imrali im Dreimonatsintervall verkettet. Dieses Verfahren sei vollkommen gesetzeswidrig und ohne Einbeziehung der Rechtsbeistände der Inhaftierten umgesetzt worden. Die Anwält:innen hätten bisher nicht einmal Einsicht in die Akten der Disziplinarverfahren erhalten. Am 4. Juli wurde gegen Abdullah Öcalan eine neue Disziplinarstrafe verhängt, und während die Disziplinarstrafe noch in Kraft war, wurde am 16. Oktober eine weitere Disziplinarstrafe verhängt. Die Anwält:innen wiesen das CPT daraufhin, dass die Einsprüche gegen die Disziplinarstrafen vom Vollzugsgericht in Bursa und beim Obersten Gericht von Bursa abgewiesen wurde. Nun solle auch ein Antrag beim Verfassungsgericht gestellt werden.
Anträge werden nicht beantwortet
In Phasen, in denen es keine aktiven Disziplinarstrafen gibt, werden die Anträge der Anwält:innen einfach ignoriert. So bestand zwischen den beiden letzten Disziplinarstrafen eine Lücke, in der dennoch eine Kontaktsperre praktiziert wurde: „Dennoch wurde am 1. November 2024 weder positiv noch negativ auf den Antrag der Familien und gesetzlichen Vertreter der Kläger geantwortet. Auch wenn wir die systematisch nacheinander verhängten Disziplinarstrafen nicht als rechtmäßig und legitim anerkennen, ist es offensichtlich, dass es keine rechtliche Begründung dafür gibt, Familienbesuche auch in Zeiten, in denen keine Disziplinarstrafen verhängt wurden, nicht zuzulassen. Es handelt sich hier um die praktische Umsetzung eines willkürlichen und illegalen Systems.“
In dem Antrag wurde daran erinnert, dass Anwält:innen und Menschenrechtsorganisationen am 4. Oktober vor dem Verfassungsgericht eine Erklärung abgegeben hatten, in der sie das Verfassungsgericht an seine Verantwortung erinnerten und ein Ende Rechtsverletzungen auf Imrali gefordert wurde.
EGMR stellte Rechtsverletzung fest
In dem Antrag der Anwält:innen wird auch auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verwiesen. Am 18. März 2014 hatte der EGMR Rechtsverletzungen auf Imrali festgestellt. Auch das Ministerkomitee des Europarats hatte im September diese Entscheidung des EGMR bereits zum zweiten Mal zur Sprache gebracht und auf das „Recht auf Hoffnung“ verwiesen. Die Anwält:innen erklärten: „Der Rat beauftragte das Sekretariat mit der Ausarbeitung eines Zwischenbeschlusses, falls die Regierung bis September 2025 keine konkreten Fortschritte erzielen sollte, da die Probleme in Bezug auf das Recht auf Hoffnung seit langem bestehen und die Arbeit der Regierung unzureichend ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist unklar, ob die Türkei als Reaktion auf diese internationalen Entwicklungen Maßnahmen im Einklang mit dem Gesetz ergreifen wird.“
Die Anwält:innen betonten in ihrem Antrag an das CPT, dass eine schwere lebenslange Haft ohne das Recht auf bedingte Entlassung vom EGMR als „Folter“ eingestuft wurde, und forderten, dass das CPT „Sensibilität“ in Bezug auf Imrali zeigen sollte. Unter Hinweis darauf, dass die Situation auf Imrali in der Vergangenheit nicht verbessert wurde, kritisierten die Anwält:innen, dass das CPT den Bericht vom Besuch 2022 nicht veröffentlicht hat und dass die Nichtveröffentlichung des Berichts zum Fortbestehen der „Folter“-Situation geführt habe.
Die Forderungen der Anwält:innen
In ihrem Antrag haben die Anwält:innen folgende Forderungen gestellt:
„*Angesichts der Tatsache, dass die derzeitigen Bedingungen auf Imrali seit Ihrem letzten Besuch des CPT am 22. September 2022 fortbestehen und sich allmählich verschärft haben und diese in einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren ein neues Niveau erreicht haben, einen dringenden (Ad-hoc-)Besuch auf Imrali durchzuführen.
* Alle notwendigen Initiativen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die derzeitigen Haftbedingungen der Antragsteller mit der Menschenwürde in Einklang gebracht werden, dass alle Kommunikationsrechte, die ihre Verbindungen zur Außenwelt gewährleisten und schützen, insbesondere Besuche bei ihren Anwälten und Familien, erfüllt werden und dass die systematischen Disziplinarstrafen und Verbote für Anwälte beendet werden,
* Wir fordern, dass die Zwangsmaßnahmen zur Beseitigung der Bedingungen von Folter und von unmenschlicher Behandlung ergriffen werden, dass das in Artikel 10/2 der Konvention geregelte Verfahren eingeleitet und bekannt gegeben wird, dass die seit der Vergangenheit gemachten allgemeinen Beobachtungen bezüglich des Haftregimes der außerordentlichen Isolation, insbesondere die während des Besuchs am 22. September 2022 gemachten Feststellungen, insbesondere wenn die Anwalts- und Familienbesuche nicht so schnell wie möglich durchgeführt werden können, mit der Öffentlichkeit geteilt werden, und dass beschlossen wird, den Besuchsbericht vom 22. September 2022 der Erklärung im Rahmen des Verfahrens hinzuzufügen.“