Lesekreis in Köln liest „Gilgameschs Erben“ von Abdullah Öcalan

In Köln startet im September ein neuer Lesekreis mit dem Standardwerk „Gilgameschs Erben“ von Abdullah Öcalan. „Lasse dir keine Meinung diktieren – bilde sie dir selbst!“, erklären die Initiator:innen und laden zum Mitmachen ein.

In Köln startet am 5. September ein offener Lesekreis, in dem das Buch „Gilgameschs Erben – Vom sumerischen Priesterstaat zur demokratischen Zivilisation“ von Abdullah Öcalan gelesen und diskutiert wird.

In diversen anderen Städten Deutschlands werden bereits Lese- und Diskussionskreise zu den Schriften Abdullah Öcalans organisiert und umgesetzt. Aus den dabei gewonnenen Erfahrungen werde „sowohl die Notwendigkeit als auch der Wunsch deutlich, sich mit den Werken Abdullah Öcalans auseinanderzusetzen“, teilen die Kölner Initiator:innen mit und verweisen auf das Beispiel Kassel: „Dort hat eine Lesekreisinitiative, die mit dem zeitlosen Buch ,Jenseits von Staat, Macht und Gewalt' von Abdullah Öcalan anfing, mehrere Hunderte Interessierte gefunden und dadurch zahllose, medial verursachte Vorurteile und Vorbehalte gegenüber der kurdischen Freiheitsbewegung, allen voran Abdullah Öcalan selbst betreffend, beheben können.

Auch das ist unser Ziel! Durch gemeinsame Diskussionsrunden sowohl die gesellschaftlich tiefgreifenden Widersprüche wie auch unsere Perspektiven auf eine befreite Gesellschaft, jenseits jeder Unterdrückungsmechanismen, neu zu begreifen und gemeinsame Perspektiven zu schaffen.“

Der Lesekreis wird immer montags um 18 Uhr beginnen, ab dem 5. September im Naturfreundehaus Köln-Kalk. Die Initiator:innen laden zum Mitmachen ein und erklären: „Lasse dir keine Meinung diktieren – bilde sie dir selbst!“

Jeden Montag ab 18 Uhr im Naturfreundehaus Köln-Kalk

Gilgameschs Erben - Quelle für Emanzipationsbestrebungen weltweit

Im Unrast Verlag ist vor vier Jahren eine überarbeitete Übersetzung des 2001 erschienenen Standardwerks Öcalans „Gilgameschs Erben“ erschienen. Die „Internationale Initiative Freiheit für Öcalan – Frieden in Kurdistan“ hat noch einmal den gesamten Text des zweibändigen Werkes mit der Übersetzung aus dem Jahre 2001 abgeglichen und eine intensive sprachliche und an den nötigen Stellen auch inhaltliche Überarbeitung vorgenommen. Viel hat sich seitdem verändert. Die deutsche Ausgabe war damals die erste Ausgabe von Öcalans Werken in einer westlichen Sprache. Dennoch verging noch viel Zeit, bis Öcalans Werk international rezipiert wurde.

Die internationale Wahrnehmung Öcalans als politischen Denker, Aktivisten und Philosophen nimmt seit 2005 kontinuierlich zu. Und insbesondere mit dem Widerstand des Modells Rojava gegen die brutalsten Schrecken der kapitalistischen Moderne wurde das Werk Öcalans weltberühmt. Die praktische Umsetzung des radikaldemokratischen, inklusiven Modells des Demokratischen Konföderalismus in Nordsyrien und dessen globale Strahlkraft stellt eine neue Bedeutungsdimension für die Suche und den Kampf um eine Alternative zur kapitalistischen Moderne dar. Öcalan zeigt die Verankerung demokratischer und frauenbefreiender Werte in der neolithischen Vergangenheit auf und stärkt damit den Kampf um eine demokratische Zivilisation im Heute.

Wie der uruguayische Aktivist und Autor Raúl Zibechi in seinem Vorwort treffend beschreibt, weist Öcalan damit die „Theorie des tabula rasa (nach der die ganze Vergangenheit ausgelöscht werden muss), von der sich die Jakobiner bis hin zu den Bolschewisten beeinflussen ließen, zurück und macht sich daran, diese Vergangenheit als eine der Quellen der zukünftigen Gesellschaft zurückzugewinnen, um die ersehnte »demokratische Zivilisation« zu erschaffen.“ Zibechi stellt damit die Verbindung zu indigenen Kämpfen in den Amerikas her und weist auf das Zitat eines Anführers des Widerstands der Kichwa, Carlos Pérez Guartambel in Ecuador hin: „Wir bewegen uns in den Spuren unserer Vorfahren.“ Ein Konzept des Empowerments durch das Erkennen der eigenen historischen Verwurzelung im Kampf der demokratischen Gesellschaften gegen den Leviathan, den Staat. Zibechi fährt hier fort:

„Das Denken Öcalans wie auch die Geschehnisse in der Region Rojava befinden sich im Einklang mit dem, was ein Großteil der sozialen Bewegungen Lateinamerikas macht. Dies hängt in großem Maße damit zusammen, dass die einen wie die anderen durch den Westen kolonisiert worden sind und dass unsere Völker sich auf sich selbst besinnen mussten, um zu überleben, sich in ihren Gemeinschaften und in ihren uralten Kulturen einschließen mussten, wie in »Gräbern«, in denen es möglich war, das Leben wieder zu erschaffen.“

Insofern ist Öcalans Werk eine wichtige Quelle für Emanzipationsbestrebungen weltweit und stellt für viele Bewegungen mittlerweile eine der Grundlagen der Diskussion dar.
Beispielhaft ist das Buch Öcalans auch als Werk der Selbstkritik zu lesen. Seine Kritik bleibt dabei nicht beim staatlichen Modell stehen, sondern rückt auch die eigene Geschichte und die der PKK in den Mittelpunkt. Er analysiert selbstkritisch die Einflüsse von Staat, Religion, Ideologie und Gewalt auf die Theorie und Praxis der Befreiung und die Entwicklung der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistan) und bestimmt damit wesentlich ihren Kurswechsel – weg von einer nationalen Befreiungspartei hin zu einer multiethnischen und politisch offenen demokratischen Bewegung, für den gesamten Nahen Osten.