„Revolution und Aufbau“: Demokratischer Jugendrat Syrien zu Besuch in Leipzig

Nach Berlin hat nun auch in Leipzig die Veranstaltung „Revolution und Aufbau. Junge Frauen vom Demokratischen Jugendrat Syrien berichten“ stattgefunden.

Nach Berlin hat nun auch in Leipzig die Veranstaltung „Revolution und Aufbau. Junge Frauen vom Demokratischen Jugendrat Syrien berichten“ stattgefunden. Der Einladung für die Veranstaltung mit zwei Aktivistinnen des Demokratischen Jugendrats Syrien, die vom Jugendzentrum für Öffentlichkeitsarbeit Ronahî und der Internationalistischen Jugendkommune Leipzig im Pögehaus organisiert wurde, kamen rund siebzig Gäste nach.

Der Abend begann mit einer kurzen Einführung von Medya Mohammed Said, der Sprecherin der Jugendinitiative Naher Osten, und Leena Tharir, Sprecherin des Demokratischen Jugendrats Syrien, in die Region Westkurdistan/Rojava und worauf die Idee der Jugendbewegung aufbaut. „Unsere Basis gründet auf den Ideen der kurdischen Freiheitsbewegung und dem Paradigma des seit 1999 in der Türkei inhaftierten PKK-Begründers Abdullah Öcalan, welcher den Demokratischen Konföderalismus und mit ihm auch die Grundlagen für die Entstehung eines demokratischen Jugendkonföderalismus schuf.“

Direkt im Anschluss ging es um die Entstehung des Jugendrates in Nordostsyrien. Die Arbeiten dafür begannen nach Angaben der beiden Aktivistinnen schon vor dem Aufkommen der Revolution in Rojava 2012. Leena Tharir berichtete, dass die Mobilisierung und Organisierung der Jugend auf der Straße begonnen habe. „Zwar wurden auch Studierende angesprochen, unser Hauptfokus lag aber immer auf der Jugend. Dafür haben wir von Anfang an auch mit verschiedensten Parteien zusammengearbeitet.“

Als nächstes ging es um die Frage, welche Vision der Jugendrat, der sich als Teil eines gesamtgesellschaftlichen revolutionären Prozesses sieht, von einem gerechten, demokratischen und freiheitlichen Zusammenleben in Syrein mit all den unterschiedlichen Kulturen hat. Ebenfalls wurde die Frage gestellt, welche Rolle dabei der Internationalismus und die Identität junger Frauen spielt. Medya Mohammed Said berichtete von Widersprüchen innerhalb des gegenwärtigen Systems einer Welt, in der es vor allem um die Anhäufung von Macht und Kapital gehe – und in welcher diese Akkumulation in den Händen von Männern liege.

„Hier brauchen wir eine Alternative, eine Alternative in der es wirklich um die Menschen geht“, erklärte sie weiter. „Wenn wir hier im Raum eine Kommune bilden würden, dann müssten wir uns anhand all unserer Bedürfnisse organisieren und nicht anhand davon, wer seine eigenen Interessen am stärksten durchdrücken kann“. Über die jungen Frauen erzählte die Aktivistin, dass sie es gewesen seien, die den autonomen Frauenkampfverband YPJ (Frauenverteidigungseinheiten) aufgebaut hätten. „Dies ist einmalig in der Geschichte. Zum allerersten Mal gibt es Frauenverteidigungseinheiten, welche vor allem von jungen Frauen aufgebaut wurden.“

Im Weiteren veranschaulichte Tharir, wie der Jugendrat mit anderen Kulturen, Religionen oder ethischen Minderheiten zusammenarbeitet und wie diese sich organisieren. Auch ging es darum, wie die Jugendlichen sich innerhalb der Selbstverwaltung mit den anderen Strukturen organisieren. Bevor es zu einer anschließenden Diskussion kam, wurde über die aktuelle Lage in Nord- und Ostsyrien berichtet. Denn die Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien ist ständigen Angriffen ausgesetzt. Die Angriffe geschehen auf zwei Ebenen, erläuterte Said. „Einmal durch eine versuchte Liberalisierung der Bewegung, der Forderungen und Praxis der kurdischen Freiheitsbewegung. Die andere Ebene ist die des direkten militärischen Angriffs. Seit vielen Jahren ist die Selbstverwaltung einem ständigen Krieg von dem NATO-Mitglied- Türkei ausgesetzt. Dieser führte zu der Besatzung Efrîns 2018 und von Serêkaniyê und Girê Spî im Jahr darauf. Darüber hinaus kommt es immer wieder zu verstärkten Angriffswellen, wie im November 2022 oder auch im Oktober 2023. Bei diesen Angriffen kamen viele Menschen ums Leben, zudem wurde flächendeckend lebensnotwendige Infrastruktur zerstört.“

Thematisiert wurde auch der türkische Drohnenkrieg gegen Nord- und Ostsyrien, der sich in den vergangenen Tagen wieder deutlich intensiviert hat. „All diese Angriffe müssen wir als eine genozidale Politik verstehen“, betonte Said, „deren Interesse die Entvölkerung Westkurdistans darstellt und die Zerstörung einer revolutionären und internationalistischen Bewegung“.

Zum Schluss gab es noch Zeit, Fragen zu stellen. Diese bezogen sich besonders auf die Frage der wirtschaftlichen Verhältnisse vor Ort und die Ideen für ein gerechtes ökonomisches System. Hier berichteten die beiden jungen Frauen, dass die ökonomischen Verhältnisse Nord- und Ostsyriens durch den Krieg sehr angespannt seien. „Wenn es keinen Krieg geben würde, sähe unser ökonomisches System ganz anders aus. Wir haben keine eigne Währung und wir dürfen auch keine Waren exportieren. In Rojava gibt es kaum Fabriken, da hier vor allem die Rohstoffe ausgebeutet werden, um diese dann woanders zu verarbeiten. Jedoch sind wir dabei Kooperativen aufzubauen, insbesondere Frauen-Kooperativen, um wirklich für die Bedürfnisse der Menschen zu wirtschaften und nicht im Interesse des Profits.“

Text und Fotos: Jugendkommune Berlin