Ende Gelände kritisiert Polizeigewalt bei Klimaprotesten

Das Aktionsbündnis Ende Gelände kritisiert die massive Polizeigewalt bei den Klimaprotesten in Norddeutschland. Durch den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken, Reizgas und Schmerzgriffen sowie durch Schläge und Tritte gab es zahlreiche Verletzte.

Seit Donnerstag hat das Bündnis „Ende Gelände“ in Norddeutschland vielfältige Aktionen zivilen Ungehorsams durchgeführt. Damit protestierten die Klimaaktivist:innen gegen den Ausbau von Gasinfrastruktur und koloniale Wirtschaftsstrukturen. Überschattet wurden die Proteste im Rahmen der „System Change“-Woche von zum Teil massiver Gewalt, mit der die Polizei gegen Demonstrierende vorging.

Laut Ende Gelände kam es zu zahlreichen dokumentierten Übergriffen. Durch den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken, Reizgas und Schmerzgriffen sowie durch Schläge und Tritte seien mehrere Aktivist:innen verletzt worden – teilweise schwer. Einige Betroffene hätten infolge der Polizeigewalt im Krankenhaus behandelt werden müssen. „Darüber hinaus gefährdete die Einsatzleitung mehrfach die Gesundheit der Aktivist:innen, indem bei über 30 Grad Trinkwasser verweigert, die medizinische Versorgung durch Sanitäter:innen aktiv behindert und Sonnenschutz konfisziert wurde“, kritisiert das Bündnis.

Die Polizei hatte für die Aktionen der Klimagerechtigkeitsbewegung nach eigenen Angaben etwa 1.400 Beamt:innen zusammengezogen und wurde dabei von Kräften aus acht weiteren Bundesländern und der Bundespolizei unterstützt. Besonders hart ging die Polizei offenbar gegen die Besetzung der Kattwykbrücke vor, einer wichtigen Kanalbrücke in Hamburg.

Demosanitäterin: Polizei behinderte lebensrettende Maßnahmen

Luca Schöller von den Demosanitäter:innen sagt: „Die Polizei hat eine bewusstlose Person für mindestens 20 Minuten in der prallen Sonne liegen lassen und unterstellt, sie würde simulieren. Die Polizei hat unsere lebensrettenden Maßnahmen massiv behindert, indem die gewaltsame Räumung ohne Rücksicht auf die verletzte Person sowie unter Gefährdung des Rettungspersonals in unmittelbarer Nähe fortgeführt wurde. Trotz mehrfacher Aufforderung, unverzüglich den Rettungsdienst und eine Notärzt:in zu alarmieren, wurde der Rettungswagen erst mit deutlicher Verzögerung gerufen - die Polizei hat unsere Einschätzung bis zur Bestätigung der akuten Lebensgefahr durch einen Polizeiarzt ignoriert. Sie haben ein Menschenleben gefährdet.“

„Polizei entwaffnen – vier rassistische Morde diese Woche durch die Polizei”

Schon im Vorfeld der Aktionen kritisierte das Bündnis die Polizei. Am Freitag zeigten Aktivist:innen auf dem „System Change“-Camp ein Banner mit der Aufschrift „Polizei entwaffnen – vier rassistische Morde diese Woche durch die Polizei”. In den vergangenen Tagen wurden in Köln, Dortmund, Recklinghausen und Frankfurt vier Menschen von der deutschen Polizei getötet. Ende Gelände und verschiedene BIPoC-Gruppen verurteilen diese Angriffe als rassistisch, klassistisch und Behinderten-feindlich. Die Aktivist:innen stellen diese Vorfälle zudem in Verbindung mit der europäischen Grenzpolitik. Die europäischen Grenzschutzbehörden ließen Menschen im Mittelmeer ertrinken, finanzierten illegale Pushbacks und zeigten damit ihre rassistische Migrationspolitik. Am Sonntag unterstützte das Bündnis daher eine von Asmara’s World organisierte Demonstration zu den Rechten Schwarzer geflüchteter Menschen aus der Ukraine.

„Deutschland ist kein sicherer Ort für BIPoC-Communities“

„Auch Deutschland ist kein sicherer Ort für BIPoC-Communities, insbesondere für Schwarze Menschen, wie beispielsweise der 16-jährige Mouhamed Lamine D., der in Dortmund von der Polizei ermordet wurde“, erklärt Winta von BIPOC for Future. Genau deshalb verlangten die anwesenden BIPOC von der deutschen Klimagerechtigkeitsbewegung, dass sie den Kampf für Gerechtigkeit in die Praxis umsetzten und bei Aktionen darauf Acht geben, dass BIPOC schlimmer von Polizeigewalt betroffen seien. Es dürften nicht noch mehr Menschen verletzt werden, nicht noch mehr Menschen erschossen werden und nicht noch mehr Eltern sollten über ihre Kinder trauern müssen. „Es kann nicht sein, dass die Polizei die Polizei kontrolliert. Wir fordern unabhängige Untersuchungsausschüsse, Studien zu Racial Profiling, transformative Gerechtigkeit und vor allem eine Welt ohne Polizei. Wir gedenken aller von Polizisten ermordeten Menschen. Wir trauern um euch. Wir kämpfen mit euch. Wir werden euch niemals vergessen und Deutschland nie vergeben“, so die Aktivistin von BIPOC for Future.