Autobahnbesetzung in Wien: Kämpfe verbinden

Am Mittwochabend hat an einer der besetzten Baustellen in Wien wieder eine Diskussionsrunde zu den Verbindungen von antimilitaristischen und ökologischen Kämpfen stattgefunden.

Es ist eine teils kontroverse Diskussion, die am Mittwochabend auf einer der besetzten Baustellen im Nordosten von Wien stattgefunden hat. Es geht um die großen Fragen: Die Klimakrise, die Rolle von Frauen in der Gesellschaft, um Krieg und Frieden. Hier treffen Menschen aufeinander, die sich in ihrem Alltag bislang wenig begegnet sein mögen, aber die eines verbindet: der Kampf für eine andere Welt. Menschen, die bereit sind, sich anzuketten und eingesperrt zu werden, wenn es darum geht, den weiteren Ausbau von Autobahnen inmitten der Klimakrise zu verhindern. Menschen, die bereit sind, staatliche Repression in Kauf zu nehmen, Rüstungskonzerne zu blockieren, oder sogar militant gegen Kolonialismus und Krieg vorzugehen. Es ist vor allem dieser Kampfgeist und das Vertrauen in Solidarität, das Menschen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung und aus der kurdischen Freiheitsbewegung eint.

Das ökologische Paradigma Abdullah Öcalans

Es ist bereits die zweite Veranstaltung mit Kurdistan-Bezug in der Wüste, wie die Baustellenbesetzung an der Hausfeldstraße in Wien von der Klimabewegung genannt wird. Wüste deshalb, weil das Gelände brach liegt, weil hier eigentlich gebaut werden sollte, wären da nicht die Aktivist:innen, die dem Wiener Bürgermeister und seiner liberalen Stadtregierung einen Strich durch die Rechnung machen. Bereits kurz vor Weihnachten gab es eine Veranstaltung, in der ein Aktivist von Rise Up 4 Rojava die Zusammenhänge von Imperialismus, Krieg und ökologischer Krise herausgearbeitet hat, dieses Mal geht es spezifischer um den Krieg in Kurdistan, aber auch um die Perspektiven der kurdischen Bewegung auf Ökologie. Ein Aktivist der kurdischen Jugendbewegung führt dabei auch in das ökologische Paradigma Abdullah Öcalans ein.

Patriarchat, Kapitalismus und binäre Denksysteme

Es geht bei der Veranstaltung viel darum, dass sowohl Aufrüstung und Krieg als auch Klimakrise eine gemeinsame Ursache haben: Patriarchat und Kapitalismus, also ein System, in dem es um Macht und die Profite der herrschenden Klasse geht, wie die beiden vortragenden Aktivisten erklären. Herrscht über diese Frage bei den rund 30 Teilnehmer:innen noch Einigkeit, gibt es andere Punkte, an denen recht kontrovers diskutiert wird. Diskussionsstoff bietet beispielsweise die Praxis und Theorie der kurdischen Frauenbewegung. Wie kann eine autonome Frauenorganisierung stattfinden ohne dass die Rolle von Frauen in der Gesellschaft naturalisiert wird und das binäre Denksystem fortgeschrieben wird? Und was bedeutet eigentlich der bewaffnete Kampf für eine Gesellschaft? Ist er auf dem Weg zur Befreiung unumgänglich?

Gemeinsame Praxis gegen die Rüstungsindustrie

Diese Fragen lassen sich an einem Abend freilich nicht abschließend klären, aber die Aktivist:innen sehen es als Erfolg, dass ein Ort geschaffen wurde, an dem Bewegungen zusammenkommen, um über gemeinsame Perspektiven zu diskutieren. Und natürlich auch um eine gemeinsame Praxis zu entwickeln. Anknüpfen wollen die Aktivist:innen in den praktischen Fragen vor allem an den Kampf für einen sozialökologischen Umbau der Rüstungsindustrie. Und in diesem Bereich gibt es auch in Wien viel zu tun, denn auch in Wien wird Militärgerät gebaut, das unter anderem in den Kriegen um den Mittleren Osten verwendet wird. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass hier vor unserer Haustür Produkte hergestellt werden, mit denen unter anderem in Kurdistan Krieg gegen Mensch und Natur geführt wird“, erklärt ein Aktivist zum Abschuss der Veranstaltung.