Wie Frauen in Rojava für Sicherheit sorgen

Seit 2013 gibt es in Hesekê auch Frauensicherheitskräfte, die Asayîşa Jin. „Wir sind die Sicherheitskräfte der Selbstverteidigung der Frauen“, erklären sie.

Hesekê ist eine sprachlich, kulturell und religiös vielfältige Stadt. 2013 begannen die YPG und YPJ diese Stadt nach und nach zu befreien. Hesekê erholt sich langsam vom Krieg. Während 2014 noch vier südliche Stadtteile von Daesch (Islamischer Staat) besetzt waren und fast täglich Bombenanschläge stattfanden, hat sich die Situation nun beruhigt. Damals war ein großer Teil der Bevölkerung geflohen. Immer noch ist ein Teil des Stadtbezirks Matar al-Janoubi unter der Kontrolle des syrischen Regimes, hier befinden sich einige Einrichtungen des syrischen Staates. Während es im letzten Jahr noch häufiger zu Gefechten mit Regimekräften kam, gebe es nun eine Institution, die bei Problemen Verhandlungen führe, wird uns gesagt. Die Asayisch, also die Sicherheitskräfte der Demokratischen Selbstverwaltung von Rojava, spielen eine enorm wichtige Rolle für die Sicherheit der Bevölkerung.

Seit 2013 gibt es in Hesekê auch Frauensicherheitskräfte, die Asayîşa Jin. Die Leitung der Gesamtasayisch von Hesekê liegt in den Händen einer Doppelspitze, die weibliche Leitung obliegt Heval Özlem, die selbst aus Serêkaniyê stammt. Sie ist seit 1992 in der Bewegung und war 20 Jahre Mitglied der Frauenguerilla. „Wir mussten erst einmal lernen, gegen Daesch hier in der Stadt zu kämpfen, das war eine vollkommen neue Erfahrung, nicht vergleichbar mit den Bergen, die uns beschützt haben“, berichtet sie.

Heval Necla, ebenfalls in der Leitung der Frauensicherheitskräfte, erklärt uns, dass das Ziel der Asayîşa Jin vor allem sei, die Unterdrückung gegen Frauen aufzubrechen, ihnen ihre Kraft zurückzugeben, aber gleichzeitig auch die Stadt und ihre Menschen vor Angriffen zu schützen. Sie selbst hatte Gewalt durch ihren Mann erfahren und verließ ihn daraufhin. Laut Gesetz der Demokratischen Selbstverwaltung werden die Kinder in diesem Fall automatisch der Mutter zugesprochen. Trotzdem floh der Mann mit den Kindern in die Türkei. Seitdem hat sie ihre Kinder nie wieder gesehen und keinen Kontakt zu ihnen. Als ihr Bruder, Mitglied der YPG, gefallen ist, beschloss sie sich den Asayisch anzuschließen und sozusagen die Waffe ihres Bruders aufzunehmen.

„Die Angriffe auf Frauen erfolgen durch Männer: Ehemänner, Väter, Onkel oder Brüder“, erklärt sie, „sie wollen, dass die Frauen ihre Köpfe nicht heben, dass sie kein eigenes Denken entwickeln. Unser Ziel ist, alle Angriffe auf Frauen zurückzuschlagen. Wenn wir erfahren, dass eine Frau irgendeiner Bedrohung ausgesetzt ist, schreiten wir ein.“

„Wir arbeiten eng mit dem Mala Jin (Frauenhaus) zusammen,“ berichtet sie. Das Mala Jin treffe Entscheidungen und die Asayisch sind mit dafür verantwortlich, diese in die Praxis umzusetzen. Man gehe in die Häuser der Frauen und diskutiere mit den Betroffenen, bis eine Lösung gefunden werde. Dies sei nicht immer einfach, es brauche viel Geduld und Überzeugungskraft.

Necla berichtet auch von einem weiteren Beispiel. „Ein Mann wollte seine Frau, mit der er schon viel gemeinsam erlebt hatte und mit der er gemeinsame Kinder hat, hinauswerfen und sich eine andere Frau nehmen. In diesem Fall haben wir mit ihm geredet und ihn gefragt, was er fühlen würde, würde seine Frau sich ihm gegenüber so verhalten. Er hat dann verstanden, in welche Lage er seine Frau bringen wollte, und die beiden leben heute wieder zusammen.“

Das Beispiel der Frauen in ihren Uniformen und die Art wie sie arbeiten, motiviere viele Frauen, sich ihnen anzuschließen, erzählt Hevala Delal. Immer mehr Frauen würden erfahren, dass es die Asayîşa Jin gebe und bitten sie um Hilfe. Hier könne sich jede Frau beteiligen, Frauen aus allen Bevölkerungsgruppen, auch Mütter, können diese Aufgabe übernehmen. Sie gingen dann nachmittags um drei zu ihren Kindern nach Hause, während andere Mitglieder der Asayisch rund um die Uhr vor Ort seien und in allen Teilen der Stadt eingesetzt würden. Die Familien der Mitglieder erhalten eine Unterstützung, das wäre nicht als Bezahlung zu verstehen.

„Wir sind zu Beginn der Revolution zu den Asayisch gekommen, um unsere Bevölkerung und die Frauen zu beschützen. Dies ist die Aufgabe, die wir uns gestellt haben, wir sind in diesem Sinne 24 Stunden für den Schutz der Frauen zuständig“. Das habe nichts mit Bezahlung zu tun, sondern sei eine revolutionäre Notwendigkeit, so Hevala Delal. „Wir sind die Sicherheitskräfte der Selbstverteidigung der Frauen.“