Ezidische Verbände: „Die Türkei setzt den Angriff des IS fort“

Ezidische Verbände in Europa sind besorgt über die Lage der Ezid:innen in Syrien und werfen der Türkei vor, mit dschihadistischen Söldnern den Feldzug des IS fortzusetzen. Die Bombardierung von Überlebenden eines Genozids dürfe nicht hingenommen werden.

Sorge um Ezid:innen in Syrien

Vertreter:innen der ezidischen Gemeinschaft in Europa sind über die kritische Lage der Ezid:innen in Syrien zutiefst besorgt. Das teilten die Allianz der Syrischen Êzîden e.V. (HÊS), der Dachverband der Ezidischen Frauenräte e.V. (SMJÊ) und der Zentralverband der Ezidischen Vereine e.V. (NAV-YÊK) in einer gemeinsamen Erklärung zu den Angriffen der Türkei und dschihadistischer Milizen auf die selbstverwaltete Region Nord- und Ostsyrien mit.

Die Verbände wiesen darauf hin, dass die bereits 2018 bei der türkischen Invasion aus Efrîn vertriebene ezidische Gemeinschaft aufgrund des Vormarsches der SNA-Proxys erneut aus Flüchtlingslagern in der Region Şehba fliehen musste und auch in der multiethnisches Stadt Minbic großer Gefahr durch islamistische und dschihadistische Mörderbanden ausgesetzt seien:

„Wir wollen nicht, dass ein weiteres Trauma erlebt wird. Darum gilt unser eindringlicher Appell und auch ein sofortiger Handlungsaufruf an die Völkergemeinschaft und einflussreiche Akteure sowie Kräfte in der Region: Verhindern Sie einen möglichen und abermaligen Völkermord mit Unterstützung von Erdogan und der Türkei. Alle Glaubens- und Religionsgemeinschaften sowie Bevölkerungsgruppen in der Region müssen geschützt und verteidigt werden. Die Staaten und wir als hier in Europa lebende Menschen müssen dringend unserer Verantwortung und Verpflichtung gerecht werden. Ein Chaos in der Region hat auch massive Auswirkungen auf das Leben und die Sicherheit in Europa, vor allem in Deutschland. Als ezidische Gemeinschaft appellieren wir an die Vernunft und sind der festen Überzeugung, dass Frieden, Freiheit und Menschlichkeit sowie eine demokratische Region im Nahen und Mittleren Osten, vor allem in Syrien, möglich ist.“

Jetzt sofort handeln: Gemeinsam weitere Massaker und Völkermorde verhindern!

Die ezidischen Verbände fordern „die Einstellung der dauerhaften Angriffe der Türkei auf die Region Rojava bzw. Nord- und Ostsyrien: Die fortlaufenden Angriffe auf Êzîd:innen müssen umgehend eingestellt werden. Nur durch eine Befriedung der Region können die Menschen in ihre Heimat zurückkehren, sie wieder aufbauen und sich dort niederlassen“; eine „internationale Verurteilung der Angriffe auf die Infrastruktur und Zivilbevölkerung: Die internationale Gemeinschaft muss entschieden gegen die Angriffe vorgehen und darf nicht länger zuschauen, wie die Türkei kurdische Gebiete durch Krieg und Besatzung ihrer Lebensgrundlagen beraubt“; sowie die Beendigung von Waffenlieferungen an die Türkei: „Die Lieferung von Waffen und Drohnenkomponenten an die Türkei muss gestoppt werden, da sie für völkerrechtswidrige Angriffe verwendet werden. Die Türkei darf nicht befähigt werden, ihre Nachbarländer anzugreifen und zu besetzen“.

Berichterstattung der Türkei nicht unkritisch übernehmen“

Die Bombardierung von Siedlungen der Überlebenden eines Genozids dürfe nicht stillschweigend hingenommen werden, so die ezidischen Verbände: „Wir appellieren auch an die deutsche Medienlandschaft, die Berichterstattung der Türkei nicht unkritisch zu übernehmen und stattdessen ein ehrliches Interesse an einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung zu zeigen. Wir bieten uns als Gesprächspartner:innen an und stellen gerne Kontakte in die Region her. Die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei stellen eine Fortsetzung des IS-Angriffs dar und müssen dringend gestoppt und international geächtet werden. Ein effektiver und nachhaltiger gemeinsamer Kampf gegen den Islamismus und Dschihadismus ist essentiell und bedarf der Aufmerksamkeit aller Glaubens- und Religionsgemeinschaften sowie Bevölkerungsgruppen.“