Antifa-Café in Pinneberg landet im Exil

Urte Steinberg, Bürgermeisterin der Stadt Pinneberg, hat Antifaschist*innen Hausverbot im Jugendzentrum „Geschwister-Scholl-Haus“ erteilt. Das Antifa-Café dürfe nicht Antifa-Café heißen, meint die parteilose Politikerin.

Seit einigen Monaten nutzt ein loser Zusammenschluss von jungen Menschen in Pinneberg das „Geschwister-Scholl-Haus“ als Treffpunkt für Menschen, die sich austauschen möchten, sich an Infoabenden beteiligen und sich politisch gegen Nazis, Rassist*innen und Antisemit*innen stellen.

Die Abende haben zu Veranstaltungen mit Programm eine Besucher*innenanzahl von rund 50 Menschen erreicht. Zebra e.V., eine Beratungsstelle für Opfer von rechter Gewalt, referierte bereits, ein Kapitän und ein Crewmitglied der „Iuventa – Jugend rettet“ berichteten außerdem vom Sterben im Mittelmeer.

Geplante Abende der nächsten Zeit mit einer Holocaust-Überlebenden, einem Bewohner der Keupstrasse in Köln, der von dem Nagelbombenanschlag des NSU berichten möchte, und eine Veranstaltung mit einem Menschen, der im thüringischen NSU-Untersuchungsausschuss aktiv ist, können nun nicht mehr stattfinden, teilt das Team Antifa-Café Pinneberg im Geschwister-Scholl-Haus mit. Denn Bürgermeisterin Urte Steinberg (parteilos) hat den Antifaschist*innen ein Hausverbot erteilt. In einer Stellungnahme heißt es dazu: „Die Bürgermeisterin ließ über ‚ihre’ Mitarbeiter*innen mitteilen, dass das ‚Antifa-Café’ nicht Antifa-Café heißen dürfe! Nach internen Gesprächen haben wir dem Haus mitgeteilt, dass wir nicht bereit sind, unsere Werte und unsere Haltung angreifen zu lassen, baten um eine schriftliche Erklärung der Bürgermeisterin und wiesen nochmals darauf hin, dass wir jeden Donnerstag im Haus seien und dort angesprochen werden könnten. Eine schriftliches Hausverbot und/oder eine Begründung erreichte uns nicht, auch kein persönliches Erscheinen.

Am Donnerstag, dem 7. November 2019, bat uns die Leitung des Hauses um ein Gespräch. Dieses führten wir im Zuge unseres Cafés öffentlich. Wir blieben bei unserer Position und damit musste uns die Leitung das Hausverbot der Bürgermeisterin aussprechen! Nur zwei Tage vor dem 9. November wurde Antifaschist*innen ein Hausverbot erteilt – in einem Haus mit dem Namen der antifaschistischen Widerstandskämpferin Sophie Scholl und dem antifaschistischen Widerstandskämpfer Hans Scholl!

Wir erachten das Vorgehen und den Umgang der Bürgermeisterin mit der Sache als absolut inakzeptabel und verurteilen die Erteilung des Verbotes aufs Schärfste!

Wer in Zeiten des nationalsozialistischen Attentats von Halle, dem nationalsozialistischen Mord an Walter Lübcke, dem weiterhin unaufgeklärten NSU-Netzwerk und der Geschichte dieser Republik mit Millionen von Toten weiterhin daran festhält: ‚Antifa nicht in meiner Stadt’, spielt nur einem Klientel in die Hände: Den Ewiggestrigen, den alten und neuen Nazis – und lässt somit die Menschen im Stich, die täglich von rassistischer Gewalt, von Antisemitismus, Antifeminismus und Faschismus betroffen sind.”

Das Team vom Antifa-Café Pinneberg fordert eine sofortige Aufhebung des Verbotes durch die Bürgermeisterin und wünscht sich weiterhin ein Haus, „in dem antifaschistische Werte und Haltung gelebt werden!” Weiter heißt es: „Dieses sind wir allen ermordeten Menschen der NS-Zeit und den unzähligen Opfern der Nachkriegszeit schuldig! Wir setzen uns ein für eine humanistische, solidarische, soziale, antifaschistische Gesellschaft!

Antifaschismus lässt sich nicht verbieten – nicht in Pinneberg und nirgendwo!”