Angriff auf Medya-Verteidigungsgebiete
Die Guerillakommandantin Medya Egîd ist am 19. November 2019 bei einem Angriff des türkischen Staates auf die Medya-Verteidigungsgebiete ums Leben gekommen. Die Verbände freier Frauen (YJA Star) gaben den Verlust der Revolutionärin in einem am Dienstag anlässlich ihres fünften Todestages veröffentlichten Nachruf bekannt. Darin würdigt die Frauenguerilla die langjährige Kämpferin als wegweisende Protagonistin des Befreiungskampfes in Kurdistan. Ihr Name stehe für Mut und Avantgarde, Rückgrat und die Linie der freien Frau. Den Angehörigen sowie der kurdischen Bevölkerung sprechen die YJA Star ihr Mitgefühl aus.
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Codename: Medya Êgid
Vor- und Nachname: Beraat Afşin
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Hacer – Hasan
Todestag und -ort: 19. November 2019, Medya-Verteidigungsgebiete
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Die Biografie von Medya Egîd liest sich wie ein Roman. Geboren in Nisêbîn (tr. Nusaybin) bei Mêrdîn (Mardin), gehörte sie einer fest in der kurdischen Kultur verwurzelten und dem Nationalbewusstsein in Kurdistan tief verbundenen Familie an. Sie wuchs zu einer Zeit auf, in der der gesellschaftliche Widerstand gegen die Unterdrückung unter der Führung der PKK eine Renaissance erlebte und zum Vorboten der Ära der Serhildan wurde. Innerhalb dieser Realität begann sie bereits früh die Suche nach einem sinnerfüllten Leben. Zur bewussten jungen Frau reifte sie auf Grundlage der Philosophie Abdullah Öcalans an – der stets betonte, dass Frauenbefreiung Voraussetzung für eine freie Gesellschaft ist. Sie erkannte den Widerspruch zwischen den Geschlechtern, lehnte den Ansatz des modernistischen Systems gegenüber Frauen ab und widmete sich der weiblichen Identitätsentwicklung.
In den 1990er Jahren verlor Medya Egîd ihren Bruder, der Kämpfer in Tolhildan war. Sie war noch Schülerin, als sie begann, die Guerilla in der Region als Milizionärin zu unterstützen, gleichzeitig war sie politisch aktiv. In der Folge landete sie für eine Weile im Gefängnis. Durch diese Erfahrung erkannte sie die Realität des Feindes in Kurdistan noch klarer und bezog deutlich Stellung gegen Sexismus und Kolonialismus. 1994 ging sie in die Berge. Es war die Zeit, als die autonome Frauenguerilla der PKK gegründet wurde. Medya Egîd schloss sich in Mêrdîn der Guerilla an, später ging sie nach Botan. „Hevala Medya, die die Avantgarde der Frau an den Fronten des heißen Krieges zur Perspektive machte, zeichnete sich durch eine leidenschaftliche Teilnahme am Kampf aus. Sie war diejenige, die die Schriften unseres Vorsitzenden am intensivsten studierte und große Anstrengungen unternahm, seine Gedanken an ihre Genossinnen und Genossen weiterzugeben. Mit ihrer Klarheit in der Wahrnehmung des Feindes und ihrer radikalen Haltung gegen die männliche Vorherrschaft vertrat sie den Persönlichkeitstyp einer großen Kämpferin, die auch in den schwierigsten Momenten Kraft verlieh und militante Wegbereiterin war. Sie übernahm Verantwortung auf Kommandoebene und erfüllte ihre Aufgaben als Revolutionärin. Hevala Medya nahm eine führende Rolle bei der Stärkung unserer Frauenarmee ein.“
Nach Kampfjahren in Botan ging Medya Egîd in die Medya-Verteidigungsgebiete. Als die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), die von den YJA Star als „hässlichste Manifestation des Patriarchats und schmutzigstes Werkzeug des staatlich gesteuerten Systems“ bezeichnet wird, 2014 weite Teile des Irak und Syriens überrannte und eine Schreckensherrschaft installierte, war sie Befehlshaberin an den Fronten gegen den IS in Mexmûr und Kerkûk. Nach dem IS-Überfall auf Şengal unterstützte sie die dortige Bevölkerung beim Aufbau von Verteidigungsstrukturen. In Şengal, das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft, war im August 2014 ein Genozid und Femizid verübt worden, tausende Menschen wurden vom IS ermordet und verschleppt. Medya Egîd engagierte sich vor allem für die ezidischen Frauen und half ihnen bei der Etablierung ihrer militärischen Selbstverteidigung. „In allen Gebieten, in denen sie anwesend war, war unsere Freundin Medya Quelle von Kraft und Zuversicht, schaffte und schärfte Bewusstsein und weckte Willen zum Widerstand“, schreiben die YJA Star in ihrem Nachruf.
Nach der Befreiung von Şengal kehrte Medya Egîd in die Medya-Verteidigungsgebiete zurück, wo sie ihre Arbeit innerhalb der Frauenguerilla auf der Ebene der Generalkommandantur der YJA Star fortsetzte. Diese achtet sie als eine Revolutionärin ohnegleichen, Weggefährtin Abdullah Öcalans und selbstlose Verteidigerin eines freien Lebens. „Wir versprechen, Hevala Medyas Tod zu rächen und unseren Kampf in Verbundenheit zu ihr und ihrem Andenken auszutragen. Als YJA Star erinnern wir uns mit Liebe, Respekt und Dankbarkeit an Medya Egîd und all unsere Gefallenen. Wir werden ihrer würdig sein.“