HPG gedenken Kemal Piling und Devran Cûdî
Die Guerillakämpfer Kemal Piling und Devran Cûdî sind 2021 bei einem Angriff auf die Medya-Verteidigungsgebiete gefallen. Die HPG haben einen Nachruf veröffentlicht.
Die Guerillakämpfer Kemal Piling und Devran Cûdî sind 2021 bei einem Angriff auf die Medya-Verteidigungsgebiete gefallen. Die HPG haben einen Nachruf veröffentlicht.
Die Volksverteidigungskräfte (HPG) haben einen Nachruf auf Kemal Piling und Devran Cûdî veröffentlicht. Beide Guerillakämpfer kamen im September vor drei Jahren bei einem Angriff des türkischen Staates in den Medya-Verteidigungsgebieten ums Leben. „Wir gedenken unserer Genossen Kemal und Devran, die unsterblich wurden, weil sie ihr Leben für die Freiheit unseres Volkes opferten, mit Respekt und Dankbarkeit und bekräftigen unser Versprechen, ihren Kampf zum Sieg zu führen“, heißt es in der am Montag veröffentlichten Erklärung. Zur Biografie der Gefallenen teilten die HPG mit:
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Codename: Kemal Piling Vor- und Nachname: Ubeydullah Muhammed Laçin Geburtsort: Istanbul Namen von Mutter und Vater: Gulê – Orhan Todestag und -ort: 5. September 2021 / Medya-Verteidigungsgebiete
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Codename: Devran Cûdî Vor- und Nachname: Nimet Fındık Geburtsort: Şirnex Namen von Mutter und Vater: Sultan – Mahmut Todestag und -ort: 5. September 2021 / Medya-Verteidigungsgebiete
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Kemal Piling
Kemal Piling wurde in der westtürkischen Metropole Istanbul geboren. Seine Eltern stammen ursprünglich aus Agirî (tr. Ağrı), hatten ihre Heimat in den frühen 1990er Jahren verlassen und ihre Kinder aufgrund der damals in Nordkurdistan gültigen Assimilations- und Unterdrückungspolitik praktisch fernab der eigenen Identität und Kultur erzogen. Die Konfrontation mit dieser Realität führte bei Kemal Piling im Jugendalter zu einem ersten tiefgründigen Widerspruch. Mit dem Älterwerden und einer sozialistischen Politisierung erkannte er, dass die kurdische Befreiungsbewegung Lösungen für Diskrepanzen wie diese lieferte. Er wurde innerhalb der Revolutionären Jugend Kurdistans aktiv, weil er die Idee aufgriff, dass der Befreiungskampf der PKK gleichzeitig auch ein Kampf für Freiheit, Gleichheit und ein menschenwürdiges Leben gegen die kapitalistische Moderne ist, die eine „Bankrotterklärung der Menschheit“ sei. „Mit Überzeugung und großem Enthusiasmus widmete Hevalê Kemal sich mit seiner sozialistischen Persönlichkeit unserem Widerstand.“
Der Guerilla schloss sich Kemal Piling im Jahr 2011 in Dersim an. Rund zwei Jahre hatte er sich dort aufgehalten, als der in der Türkei in politischer Geiselhaft gehaltene PKK-Begründer Abdullah Öcalan 2013 im Rahmen eines Dialogprozesses mit dem türkischen Staat 2013 die Guerilla zum Rückzug aus der Türkei aufrief. Kemal Piling weigerte sich, Nordkurdistan zu verlassen. „Er ahnte, dass die Absichten des Feindes für Frieden und Versöhnung nur vorgetäuscht waren und beharrte darauf, im Cûdî-Gebirge zu bleiben. Diesen Wunsch konnten wir unserem Freund nicht abschlagen“, so die HPG.
Lange blieb der Kämpfer aber nicht in dem Gebirge in der Provinz Şirnex (Şırnak). Schon im darauffolgenden Jahr ging er nach Rojava, um sich in Kobanê am Kampf gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu beteiligen. Bei einem Gefecht wurde er schwer verletzt. Nach seiner Genesung ging er für kurze Zeit zurück zum Cûdî, wechselte jedoch bald darauf in die Medya-Verteidigungsgebiete. Hier war er nach einer intensiven ideologischen wie militärischen Fortbildung im Bereich strategischer Spezialeinsätze im Einsatz. Die HPG würdigen Kemal Piling als leidenschaftlichen Kämpfer der Revolution, der bis zuletzt die Militanz der PKK repräsentierte.
Devran Cûdî
Devran Cûdî wurde in Silopiya bei Şirnex geboren und gehörte dem Stamm der Teyî an, eine Familienkonföderation, die seit jeher tief verwurzelt mit der kurdischen Befreiungsbewegung ist. Viele ihrer Stammesangehörigen sind in den Reihen der Guerilla gefallen. Diese Tatsache prägte das Leben vieler weiterer Mitglieder der Teyî, so auch das von Devran Cûdî. Er wuchs in einem Umfeld auf, in dem die Gefallenen sowie die Ziele, für die sie eintraten und ihr Leben ließen, aber auch die Gründe, warum sie sich für den bewaffneten Widerstand entschieden hatten, stets präsent waren.
So kam es nicht von ungefähr, dass Devran Cûdî schon als Schüler den Bruch mit dem System vollzog. „Er hatte sich in den Schulen des türkischen Staates, die in Kurdistan als Zentren der Assimilation fungieren, nicht von seiner Realität entfremden lassen, sondern war stets bemüht, sein eigenes Wesen zu bewahren. Er verweigerte den Herrschenden, ihn in ihr System zu integrieren. Das war Hevalê Devrans erster Erfolg gegen die kapitalistische Moderne. Damals ging er in die achte Klasse.“
Seine Wut gegen den Staat steigerte sich in den Folgejahren, als das Niveau der Unterdrückung in Nordkurdistan jenes der dunklen 90er sogar übertraf. 2015 schloss Devran Cûdî sich in Botan der Guerilla an. Kurz nach seiner ersten ideologischen und militärischen Ausbildung äußerte er den Wunsch, an die Fronten des heißen Krieges versetzt zu werden. Im Sommer jenes Jahres hatte der türkische Staat den Dialogprozess mit Abdullah Öcalan einseitig beendet und zum Vernichtungsschlag gegen die PKK ausgeholt. Devran Cûdî kam nicht an die Kriegsfront, sondern wirkte im Bereich strategischer Spezialeinsätze mit. In die Medya-Verteidigungsgebiete ging er erst 2017. „Hier stellte Hevalê Devran an vielen Fronten des Widerstands die Unbesiegbarkeit der apoistischen Militanz unter Beweis.“
Angesichts des Verlusts von Kemal Piling und Devran Cûdî sprachen die HPG den Angehörigen der Gefallenen und der kurdischen Bevölkerung ihr Mitgefühl aus.