Öcalan: Eine demokratische Verfassung als Grundlage

Trotz Abdullah Öcalans erneuten Vorschlägen zur Lösung der kurdischen Frage hat die AKP-Regierung bisher keine Schritte unternommen. Die früheren Ansichten des kurdischen Vordenkers über die Rolle des Parlaments und der Verfassung sind noch immer gültig.

Lösungsvorschlag

Am 28. Dezember 2024 traf sich die „Imrali-Delegation“ bestehend aus den DEM-Abgeordneten Pervin Buldan und Sirri Süreyya Önder mit dem seit 26 Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten Abdullah Öcalan. Anschließend hatte die Delegation einen Sieben-Punkte-Lösungsvorschlag des kurdischen Vordenkers der Öffentlichkeit bekannt gegeben (ANF berichtete). Seither intensivieren sich die Diskussionen über eine Lösung der kurdischen Frage. Zuletzt reiste die Delegation der DEM-Partei in die Kurdistan-Region im Irak (KRI) und sprach dort mit verschiedenen politischen Akteur:innen.

AKP unternimmt keine konkreten Schritte

Trotz Abdullah Öcalans Bemühungen um eine Lösung hat die AKP bislang keine konkreten Schritte unternommen. Öcalans Vorschlag setzt an der Rolle des Parlaments und an Rechtsreformen an und benennt zugleich die Notwendigkeit einer Verfassung, die auf Gleichheit basiert. Der PKK-Begründer hält an seinen 2010 und 2011 hinsichtlich der Debatten um die Verfassung geäußerten Einschätzungen fest.

Verfassungsgebende Versammlung

Im Jahr 2010 schlug Abdullah Öcalan die Gründung einer verfassungsgebenden Versammlung vor. Diese könne 500 Personen umfassen, unter denen Vertreter:innen aus allen sieben Regionen der Türkei sein sollten. Auf diese Weise könne eine demokratische Verfassung erstellt werden. Öcalan betonte damals die grundlegende Bedeutung der Verfassung: „Die Frage der Verfassung ist umfangreich. Sie regelt die Beziehungen zwischen den Gewalten eines Staates sowie die Beziehungen und die rechtliche Grundlage des Volkes zu ihnen. Deshalb ist sie so wichtig. Unsere Position zur Verfassung ist diese: Die Verfassung ist ein Gesellschaftsvertrag, geschaffen durch die gemeinsamen Forderungen der Gesellschaft.“

Verfassung muss die Rechte aller garantieren

Abdullah Öcalan fuhr bezüglich der Konstitution fort: „Trotz ihrer Mängel weist die Verfassung von 1921 diese Qualitäten auf. Wichtig ist, dass sie zur Stimme der Klassen und Gruppen wird, die in der aktuellen Verfassung keine Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen. Wichtig ist, dass die Rechte von Millionen Armen und Arbeitenden durch die Verfassung garantiert werden. Die aktuelle Verfassung ignoriert die Forderungen von Millionen.“ Gäbe es eine Klausel in der Verfassung, die besagte: „Die Verfassung gewährleistet die Rechte und die Kultur der Kurd:innen“, würde laut dem PKK-Begründer eine Lösung gefunden werden. „Echt demokratische Rechte müssen rechtlich verankert und geschützt werden“, so der 75-Jährige.

Öcalans Rolle muss definiert werden

Abdullah Öcalan stellte damals fest, dass eine offizielle Entscheidung zu seiner eigenen Rolle getroffen werden müsse, um ihm die Unterstützung des Prozesses zu ermöglichen. Unter den gegebenen Umständen der Isolation könne er nicht handeln, er müsse frei sprechen und auch mit der Arbeiterpartei Kurdistans kommunizieren können. Er fügte hinzu: „Ich werde auch Kontakt zu den Menschen und den politischen Parteien aufnehmen und sie von diesem Prozess überzeugen. Ich sehe diese Kraft in mir selbst.“

Die Rolle des Parlaments

Der kurdische Vordenker legte in seinen Ausführungen auch ein besonderes Augenmerk auf die Rolle und Aufgabe des Parlaments. Es sei sehr wichtig, dass das Parlament die Initiative für die Lösung des Problems ergreife.