Ermittlungen gegen HDP-Abgeordnete wegen Corona-Aufklärung

Gegen die HDP-Abgeordnete Remziye Tosun ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung eingeleitet worden. Grundlage ist eine Aufklärungskampagne gegen das Coronavirus.

Die Oberstaatsanwaltschaft von Diyarbakir (kurd. Amed) hat ein Ermittlungsverfahren gegen die kurdische Politikerin und Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) Remziye Tosun eingeleitet. Grundlage ist eine Aufklärungskampagne des HDP-Jugendrats gegen das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann. Wegen Empfehlungen zur Vorbeugung von Infektionen über einen mobilen Lautsprecher in den Straßen von Amed wird der Parlamentarierin „Volksverhetzung“ vorgeworfen. Ihre Aussagen werden jedoch bewusst falsch dargelegt. Das geht aus Videos hervor, die die Politikerin und HDP-Aktivist*innen bei der Kampagne zeigen. Die Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft Cansu Özdemir kommentierte: „Aufklärung ist in der Türkei eben ein großes Verbrechen.“

In dem Ermittlungsverfahren gegen Tosun heißt es: „Die Beschuldigte sagte: Die Regierung will, dass das kurdische Volk stirbt. Aus diesem Grund werden hier für euch keine Schutzmaßnahmen ergriffen.“ Das Absurde dabei: In dem Video, welches die Vorwürfe der Strafverfolgungsbehörden untermauern soll, ist die Politikerin lediglich zu sehen, es spricht eine männliche Person. Sätze wie die zum Vorwurf gemachten fallen gar nicht, im Gegenteil: „Das Coronavirus breitet sich weltweit aus. Wir stecken uns gegenseitig an. Infizierte verbreiten das Virus. Die Regierung ergreift keine Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung. Die Infektionsprävention ist ungenügend. Wir müssen für unsere Familien und unser Volk handeln und zu Hause bleiben. Verzichten wir auf Umarmungen und Händeschütteln. Vergesst nicht: sich selbst und sein Volk zu schützen, liegt bei uns allen. Bitte bleibt in euren Häusern.“ Mit demselben Text appelliert Tosun in einem anderen Video an die Bewohner*innen, ihre Wohnungen vorerst nicht zu verlassen.

Die Troll-Armee des türkischen Präsidenten Erdoğan hat in sozialen Netzwerken bereits eine Schmierkampagne gestartet, um Remziye Tosun mit falschen Behauptungen in Misskredit zu bringen, nachdem zuvor die amtliche Nachrichtenagentur AA von dem Ermittlungsverfahren berichtete. Der HDP-Frauenrat erklärte: „In der Person Remziye Tosun wird die Frau und mit ihr die kurdische Identität ins Visier genommen. Das werden wir nicht akzeptieren.“