So wie es ist, bleibt es nicht!
Antikapitalistische Aktionsrallye im Brennpunkt des Hamburger Hafen.
Antikapitalistische Aktionsrallye im Brennpunkt des Hamburger Hafen.
In Hamburg wurde am vergangenen Samstag von etwa 150 Aktivist*innen eine aktionistische Fahrradtour an die verschiedenen Stellen des Hamburger Hafens gemacht – die ersten „Harbour-Games".
Organisiert von verschiedenen Gruppen der Kämpfe um Tierbefreiung, Kohle oder Atomenergie war das Ziel der Tour, die Orte kapitalistischer Ausbeutung und Zerstörung im Hamburger Hafen sichtbar zu machen und verschiedene Kämpfe so zusammenzuführen. Auf der achtstündigen Aktionstour ging es zu den Ölmühlen für Tierfutter in der Massentierhaltung, zum größten Kohle-Umschlagplatz Deutschlands, zu Raffinerien und Tanklagern der Petrochemie, Produktionsstätten für Rüstungsgüter, zu den Verlade-Terminals für den globalen Warenverkehr, zum Kreuzfahrt-Terminal und zu Logistikunternehmen des Kolonialismus und der Atomwirtschaft.
An allen Stellen und unterwegs gab es Redebeiträge, Parolen und Musik zu den einzelnen Themen, an denen sich noch weitere Gruppen beteiligten, unter anderem auch die Kampagne TATORT Kurdistan mit einem Beitrag über die Bedeutung internationalistischer Bewegungen für das Verständnis von Widerstand. Dazu wurde vor den Werkstoren von Blohm & Voss ein Die-In und eine Schweigeminute für die Gefallenen im Widerstand weltweit abgehalten. Fahnen von YPG und YPG waren an vielen Rädern zu sehen.
Es wurde deutlich, dass alle diese Kämpfe gegen Herrschaft von Menschen über Menschen, über Tier und Natur miteinander in Beziehung stehen und sich auch auf dieser Radtour gegenseitig stützten und ergänzten. Selbst bei Dauer-Nieselregen gab dies genug Motivation bis zum Schluss mitzufahren, und selbst dann durchnässt noch bis spät in die Nacht bei Essen, Musik und guter Stimmung zusammenzubleiben. Die „Harbour-Games" werden sicherlich im nächsten Jahr wieder ausgetragen.
Redebeitrag der Kampagne TATORT Kurdistan Hamburg:
„Hallo, roj baş,
ich bin von der Kampagne TATORT Kurdistan und will hier unseren kleinen internationalistischen Teil zu den Harbour-Games beisteuern. Es geht mir um etwas, das wir von internationalistischen Bewegungen wie der kurdischen Bewegung, von der kurdischen Bevölkerung lernen können:
Sie sagen: „Berxwedan jiyan e!" – Widerstand heißt Leben!
Mit diesem Leitsatz stellt sich die kurdische Bewegung seit 40 Jahren der Assimilations- und Vernichtungspolitik des türkischen Staates entgegen. Berühmt wurde ihr Widerstand gegen den sogenannten IS in Kobanê, einem der drei freien Kantone der nordsyrischen Region Rojava.
Die gelben und grünen Fahnen der Volksverteidigungseinheiten YPG und Frauenverteidigungseinheiten YPJ sehen wir auch hier. Im Kampf Haus um Haus holten sie die Stadt zurück.
Im medialen Schatten dessen kämpften Jugendliche in den Städten Nordkurdistans bewaffnet und mit Barrikaden gegen das türkische Militär, die zweitgrößte Armee der NATO – ganze Stadtteile von Diyarbakir, Şirnak, Nusaybin und Cizre wurden dem Erdboden gleichgemacht, viele Hundert Zivilist*innen in den Kellern verbrannt und begraben.
Im Januar 2018 dann griff die türkische Armee den Kanton Afrin in Syrien an, begleitet von djihadistischen Banden, Resten von IS, Al Nusra und anderen. Der Widerstand von YPG und YPJ dauerte fast 2 Monate, dann fiel die Stadt Afrin unter türkische Kontrolle. Der Guerilla-Kampf im Umland dauert bis heute an. Frauen haben ein großen Anteil daran.
Die Aggressionen der Türkei geschehen mit Unterstützung des deutschen Staates – bereits seit 150 Jahren - logistisch abgewickelt zu großenTeilen über den Hamburger Hafen.
Gegen solche Kooperationen gab es auch hier Widerstand: Am 18. Oktober 1969 sprengten Aktivist*innen eine bei Blohm & Voss gebaute Korvette im Hamburger Hafen, die an die Militärdiktatur in Portugal für den Kolonialkrieg in Angola ausgeliefert werden sollte.
Danach wurde die Produktion nach Portugal verlegt. Mit Militär- und Polizeihilfe an Diktaturen wie in Griechenland, Portugal, Spanien, Chile, Argentinien, Brasilien oder Indonesien damals, das Apartheid-Regime in Südafrika oder heute z.B. Saudi-Arabien und die Türkei werden diese Regime durch die BRD massiv und gewollt gestützt. Denn Wirtschaftsbeziehungen und geostrategische Interessen der Nationalstaaten stehen über Menschen und Menschenrechten, überall. Der Hamburger Hafen ist Umschlagplatz der Aufstandsbekämpfung.
Widerstand gegen Staat, Kapital und Patriarchat ist notwendig und legitim, überall, nicht nur in fernen Ländern!
Widerstand kann eben auch hier ansetzen. Die Harbour-Games sind ein kleiner Stein in diesem Mosaik. Bleiben wir dran!
Aus internationalistischen Kämpfen können wir viel über Widerstand lernen. Die Zapatistas in Mexiko sagen z.B.: „La palabra 'rendirse' no existe en la lengua verdadera." – In der wahren Sprache existiert das Wort „sich ergeben" nicht.
Der kurdische Widerstandskämpfer Mazlum Doğan, der sich aus Protest gegen das türkische Folterregime im Knast selbst tötete, schrieb: „Kapitulation führt zu Verrat, Widerstand zum Sieg." Es war ein großer Verlust, aber ein wichtiges Signal gegen die Militärjunta 1982.
Sehr viele Menschen haben ihr Leben im Widerstand weltweit gegeben. Sie sind nicht vergessen – „Presente!", wie es skandiert wird, oder: „Şehîd namirin!"
In diesem Sinne: Widerstand heißt Leben! – Berxwedan jiyan e!
Wir wollen jetzt ein DIE-IN und eine Schweigeminute machen, als Aktion und Gedenken der Gefallenen im weltweiten Widerstand gegen die Herrschaft von Menschen über Menschen, von Menschen über Tier und Natur."