Schamberger: Gericht nimmt Zensurpolitik in Schutz

Im Prozess gegen Facebook, der vom Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger angestrengt wurde, hat das Landgericht München sein Urteil verkündet.

Anfang des Jahres hat der Münchner Kommunikationswissenschaftler Kerem Schamberger mit seinem Rechtsanwalt Mathes Breuer eine Klage gegen „Facebook Ireland Limited“ angestrengt, weil eine offizielle Pressemitteilung des Rechtshilfefonds Azadî e.V. zum 25. Jahrestag des PKK-Verbots Ende November 2018, die Schamberger als Post in Auszügen geteilt hatte, gelöscht und sein Profil für mehrere Tage gesperrt wurde. In der Pressemitteilung ging es um die politische Forderung nach Aufhebung des PKK-Verbots, laut Schamberger „eine Aussage, die von der Meinungsfreiheit gedeckt und legitimer Teil des öffentlichen Debattenraums ist“.

Im Mai hat vor dem Landgericht München der Prozess gegen Facebook stattgefunden. Schamberger hatte einen Dringlichkeitsantrag gestellt, der erreichen sollte, dass die Thematik nicht erst Monate oder sogar Jahre später behandelt wird, sondern zeitnah. Vergangene Woche hat das Gericht sein Urteil verkündet. Es ist der Auffassung, dass „die Löschung des Beitrags und die Sperrung des Accounts des Verfügungsklägers rechtmäßig“ waren. Schamberger hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Die Begründungen des Richters seien hanebüchen, kommentiert der Münchner Kommunikationswissenschaftler und politische Aktivist in einem Blogbeitrag. Darin heißt es: „Ich hatte die Pressemitteilung von Azadi mit einer eigenen Überschrift versehen: ‚25 Jahre PKK-Verbot sind genau 25 Jahre zu viel!’. Dazu schreibt der Richter: Diese Überschrift ‚zeigt deutlich, dass der Verfasser möchte, dass die PKK nicht mehr in Deutschland verboten ist. Auch im weiteren Verlauf des Beitrags geht der Verfügungskläger nicht auf die Aktivitäten, die nämlich terroristischer Herkunft sind, ein, sondern beschreibt die Auswirkungen des Verbots auf die kurdische Bevölkerung in Deutschland. Dabei ist unerheblich, dass es sich um ein Zitat handelt. Der Verfügungskläger macht sich dieses zu eigen.’
Diese richterliche ‚Logik’ muss man erstmal verstehen: Ich halte die PKK für nicht terroristisch und drücke das durch das Posten der Pressemitteilung aus. Weil ich aber in diesem Post nicht auf die Aktivitäten der PKK, die nämlich ‚terroristischer Herkunft sind’ eingegangen bin, ist die Sperrung rechtens. Toller Zirkelschluss, der auch im nächsten Zitat aus der Urteilsbegründung hervorgeht.”

Weiter heißt es in dem Beitrag: „Am Ende des länglichen Artikels nimmt der Richter auch noch den ‚armen‘ Großkonzern Facebook in Schutz und schreibt: ‚Es ist der Verfügungsbeklagten weiterhin nicht zuzumuten, dass eine verfassungsfeindliche und als offiziell terroristisch eingestufte Organisation indirekt Platz auf der Plattform findet. (…) Der Eingriff in das Recht des Verfügungsklägers auf Meinungsäußerung in seiner drittschützenden Wirkung liegt zwar vor. Auf der anderen Seite überwiegt jedoch das schützenswerte Interesse der Verfügungsbeklagten, auf eine zivilisierte Kommunikationskultur – ohne Bezug auf von der EU als terroristisch eingestufte Vereinigungen – hinzuwirken und diese zu sichern.‘

Inwiefern das Posten einer offiziellen Pressemitteilung unzivilisierte Kommunikationskultur sein soll, bleibt dem Richter überlassen. Aber interessant ist schon, dass mit solchen Aussagen das Sprechen über die PKK komplett aus dem öffentlichen Debattenraum gehalten werden soll. Und angesichts der Debatten um das sehr zögerliche Eingreifen Facebooks bei Hate Speech, Rassismus und Beleidigungen auf seiner Plattform, wirkt dieser Satz wie Hohn.“

Der gesamte Blogbeitrag ist unter https://kerem-schamberger.de/2019/07/03/der-kommentar-stellt-eine-unterstuetzung-der-terroristischen-ziele-und-handlungen-der-pkk-dar/ nachzulesen.