Vor 78 Tagen nahm die im Gefängnis von Amed (Diyarbakir) inhaftierte HDP-Abgeordnete Leyla Güven einen unbefristeten Hungerstreik auf. Die Forderung der 54-jährigen Politikerin, die vor einem Jahr wegen ihrer Kritik an der türkischen Militärinvasion in Efrîn verhaftet wurde, ist die Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans auf der Gefängnisinsel Imrali und die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der türkischen Regierung und der PKK. Der Zustand von Leyla Güven, die gleichzeitig auch Ko-Vorsitzende des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress, türkisch: Demokratik Toplum Kongresi) ist, ist lebensbedrohlich. Die Politikerin leidet unter erheblichen Konzentrations- und Schlafstörungen sowie unter Licht- und Geräuschempfindlichkeit. Außerdem hat sie stark an Gewicht verloren und kann alltägliche Gewohnheiten ohne die Hilfe der Mitgefangenen nicht mehr bewerkstelligen. Der HDP-Abgeordnete Musa Farisoğulları erklärte am Dienstag: „Frau Güven hat zehn Kilo Gewicht verloren und kann auch nicht mehr richtig trinken. Obwohl ihr Körper vor dem Zusammenbruch steht, setzt sie ihre Aktion mit einem hohen Widerstandsgeist fort”.

Am morgigen Freitag wird vor der 9. Strafgerichtskammer in Amed der Prozess gegen Leyla Güven fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft der Politikerin vor, „eine bewaffnete Organisation gegründet und geleitet“ zu haben. Außerdem soll sie Terrorpropaganda betrieben und gegen das Versammlungs- und Demonstrationsgesetz verstoßen haben. Der Politikerin drohen bis zu 31,5 Jahre Haft. Ihre Anwält*innen teilten bereits mit, dass Güven aller Wahrscheinlichkeit nach nicht an der Verhandlung teilnehmen wird. „Sie ist bereits zu sehr geschwächt, wir als ihr Rechtsbeistand können unsere Mandantin auch nicht besuchen“, sagte der Anwalt Serdar Çelebi.

Wir veröffentlichen Fotos der inhaftierten HDP-Abgeordneten, die am 24. Dezember 2018 und am 7. Januar 2019 bei Besuchen im Gefängnis von Amed entstanden sind und vom DTK zur Verfügung gestellt wurden. Der Demokratischer Gesellschaftskongress (Demokratik Toplum Kongresi, DTK) wurde 2005 in Amed als Dachverband zivilgesellschaftlicher Organisationen, politischer Parteien und Einzelpersonen verschiedener ethnischer, politischer und religiöser Gruppen gegründet. Am 14. Juli 2011 fand eine Versammlung von über 800 Teilnehmer*innen der verschiedenen Strömungen statt, bei der die Demokratische Autonomie als Konzept zur Demokratisierung der gesamten Türkei ausgerufen wurde. Der DTK ist seit seiner Gründung vehementer Repression von Seiten des türkischen Staates ausgesetzt.