Parlamentarischer Beobachter verurteilt – No-Go für Demokratie

Der parlamentarischer Beobachter Beutin ist wegen Hausfriedensbruch zu Geldstrafe verurteilt worden. Der Bundestagsabgeordnete hatte die Proteste gegen die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln 4 in NRW begleitet.

Abgeordnete unterschiedlicher Parteien begleiten immer wieder Protest- und Blockadeaktionen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Sie beobachten, dokumentieren Fehlverhalten von Werkschützern und polizeilichen Einsatzkräften, stellen vor Ort die parlamentarische Kontrolle polizeilichen Handelns sicher und versuchen zu vermitteln. Als parlamentarischer Beobachter hat Lorenz Gösta Beutin, Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke für Energie- und Klimapolitik, im Februar 2020 die Proteste gegen die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen begleitet. Der Betreiber Uniper wirft ihm nun Hausfriedensbruch vor und hat Strafanzeige gestellt. Der Bundestag hat im März 2021 den Weg für die Strafverfolgung frei gemacht, indem er Beutin die Immunität entzog. Das Amtsgericht Recklinghausen verurteilte den Bundestagsabgeordneten am 12. August wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 3.750 Euro, weil er das Gelände des Uniper-Kraftwerks widerrechtlich betreten habe. Auf Twitter erklärt er: „Das ist ein Skandal. Es geht darum, dass man parlamentarische Beobachter nicht mehr haben will und wir werden das selbstverständlich so nicht hinnehmen“, und bedankte sich für die Solidarität vor Ort.

Vor Prozessbeginn erklärte Joli Schröter, Pressesprecherin von Ende Gelände, zu dem Verfahren gegen Beutin: „Kriminell ist es, wenn mitten in der Klimakrise ein Steinkohlekraftwerk ans Netz geht, wenn der Konzern Uniper unsere Zukunft verspielt, um mit dreckiger Energie Gewinne zu machen. Weil Ende Gelände sich diesem Wahnsinn immer wieder entgegenstellt, werden wir regelmäßig zur Zielscheibe von Polizeiwillkür und Repression. Umso wichtiger ist es, dass parlamentarische Beobachter:innen den Kohle-Polizeistaat vor Ort in seine Schranken verweisen. Dass mit Lorenz Gösta Beutin jetzt ein Bundestagsabgeordneter im Auftrag eines Energiekonzerns kriminalisiert wird, weil er sein parlamentarisches Kontrollrecht ausgeübt, ist ein No-Go für eine Demokratie.“

Am 2. Februar 2020 hatten etwa 150 Aktivist:innen von Ende Gelände und DeCOALonize das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 blockiert. Neun Stunden lang hielten sie die Blockade der Verladeanlagen und Förderbänder aufrecht. Der Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin hatte die Aktion als parlamentarischer Beobachter begleitet. Der Energiekonzern Uniper, auf dessen Initiative die Strafverfolgung von Beutin erfolgt, ließ das umstrittene Kraftwerk noch im selben Jahr ans Netz gehen und will es trotz dem beschlossenen Kohleausstieg bis 2038 weiter betreiben.

Die parlamentarische Kontrolle polizeilichen Handelns gilt als wichtiges Instrument von Rechtsstaatlichkeit und als Element der Versammlungsfreiheit. Ende Gelände hatte daher eine Einstellung des Strafverfahrens gegen den Bundestagsabgeordneten erwartet. Mit einer Kundgebung zum Prozess zeigte das Aktionsbündnis seine Solidarität mit Lorenz Gösta Beutin und unterstrich damit die wichtige Rolle von parlamentarischen Beobachter:innen in einer lebendigen Demokratie.