Oppositionelle aus der Türkei gründen Bündnis in Berlin

Namhafte Oppositionelle aus der Türkei haben in Berlin ein Demokratie-Bündnis gegründet. Auf einer zweitägigen Konferenz wurden die Gemeinsamkeiten verschiedener oppositioneller Kreise herausgestellt.

Am Wochenende haben Oppositionelle aus der Türkei auf einer Konferenz über Möglichkeiten einer Demokratisierung des Landes diskutiert. Die zweitägige Konferenz, an der neben Abgeordneten der Oppositionsparteien HDP, CHP und Saadet zahlreiche Journalisten, Akademiker und Künstler teilnahmen, endete mit einer Abschlussresolution und der Gründung eines Demokratie-Bündnisses.

Zuvor wurde im Plenum und in thematischen Arbeitsgruppen über die aktuelle Situation in der Türkei und Lösungsansätze für die Zeit nach dem Zerfall des Erdoğan-Regimes diskutiert.

Die Abschlusserklärung zu den Diskussionsergebnisse wurde von einem Komitee erstellt, in dem mit Mustafa Altıoklar, Zübeyde Sarı, Yüksel Koç, Can Dündar, Besime Konca, Latife Akyüz, Fatoş Göksungur und Çetin Gürer verschiedene Bevölkerungsgruppen und politische Ansichten vertreten waren. Verlesen wurde die Resolution, die von den Konferenzteilnehmern verabschiedet und mit der zugleich die Gründung eines Demokratie-Bündnisses deklariert wurde, von dem Regisseur Mustafa Altıoklar.

In der Erklärung wurde auf die jüngsten Entwicklungen in der Türkei eingegangen. So wurde auf die Wiederholung der Bürgermeister-Wahl in Istanbul hingewiesen, bei der sich nach einer langen Zeit der Repression gezeigt habe, dass die von Demokratie überzeugten Kräfte in der Türkei gemeinsam etwas erreichen können. Der gleiche Wille sei auch bei den demokratischen Protesten gegen die Einsetzung von Zwangsverwaltern in HDP-geführten Rathäusern zum Vorschein getreten, heißt es in der Erklärung: „Der starke Widerspruch gegen die Missachtung demokratischer Grundprinzipien ist nicht nur eine Lehre für die Regierung, er gibt auch der Gesellschaft Hoffnung. Jetzt ist die Zeit, die an der Basis entstandene Entschlossenheit mit einem Gesellschaftsvertrag in den Willen zu einem Zusammenleben in Frieden umzuwandeln und ihr Kontinuität zu verleihen.“

Bewahrung der Vielfältigkeit

Auf der Konferenz sind laut Abschlusserklärung Abgeordnete verschiedener Parteien, Vertreterinnen und Vertreter von in Europa aktiven Massenorganisationen sowie im Exil lebende Akademiker, Journalisten, Politiker und Künstler zusammengekommen:

„Wir sind das erste Mal mit so vielen Menschen mit verschiedenen Meinungen zusammengekommen. Bei der zweitägigen Konferenz haben wir unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit berücksichtigt und den Schwerpunkt nicht auf unsere Unterschiedlichkeiten, sondern auf unsere gemeinsamen Seiten gelegt. Die Unterschiedlichkeiten, die uns bisher an einem Zusammenkommen gehindert haben, haben wir zur Seite gelegt und uns gegen die Autokratie an der Forderung nach Demokratie getroffen.“

Gemeinsame Bezugspunkte seien „unsere Liebe zum Land, unsere demokratische Überzeugung, unsere Leidenschaft für Freiheit, unsere Forderung nach Frieden, unser Beharren auf Gleichheit, unser Bedarf nach Gerechtigkeit, unser Kampf um Rechte und unser Versprechen der Geschwisterlichkeit“. Vielfältigkeit sei keine Schwäche, sondern vielmehr ein Reichtum.

Roadmap für Demokratisierung

Diskutiert wurde auf der Konferenz über den Aufbau eines demokratischen Gesellschaftssystems nach dem Zerfall des herrschenden Regimes in der Türkei. Als Grundprinzipien für eine neue Verfassung wurden eine gleiche, pluralistische, freiheitliche, partizipative und laizistische Demokratie und ein auf Menschenrechten aufbauender Rechtsstaat genannt.

Um diese Themen langfristig zu vertiefen, wurden zehn Arbeitsgruppen gebildet. Weiterführende Konferenzen dieser Art sind in Planung.