„Stoppt die Kriminalisierung von Solidarität!“

Wir veröffentlichen den offenen Brief der Münchner Aktivist*innen, die letztes Jahr von der Bayern-SPD wegen Hausfriedensbruch angezeigt wurden. Die Aktivist*innen wollten die SPD im Gespräch dazu bewegen, Stellung gegen den Krieg auf Efrîn zu beziehen.

Am 20. März 2018 hielten etwa 20 Aktivist*innen eine Kundgebung an der Zentrale der Bayern-SPD ab. Sie wollten damit die Abgeordneten der SPD dazu bewegen, klar Stellung gegen den türkischen Angriffskrieg gegen die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen in Nordsyrien zu beziehen. Anfang des Jahres 2018 ist die Türkei in Nordsyrien einmarschiert, um die kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen – ein Hoffnungsschimmer für alle Unterdrückten in der Region – zu zerschlagen. Seitdem hält sie mit ihren dschihadistischen Verbündeten Teile Rojavas besetzt und terrorisiert die Bevölkerung.

Teil der Aktion war auch, dass einige Aktivist*innen die Räume der Bayern-SPD besuchten, um ein klares Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Rojava zu setzen und ihren Protest direkt verantwortlichen Mandatsträgern vorzutragen. Die anwesenden Vertreter der SPD reagierten damit, dass sie ein Großaufgebot der Polizei hinzuriefen, das alle Aktivist*innen, die sich in und um das Gebäude befanden, einkesselten und kontrollierten.

Doch damit nicht genug. Die Bayern-SPD stellte Strafanträge gegen alle, die vor Ort waren und beteiligt sich aktiv an der Kriminalisierung von Antikriegsaktivist*innen. Mittlerweile gibt es diverse Anklageschriften und Geldauflagen, ein geflüchteter Aktivist befand sich sogar kurzzeitig aufgrund dieser Anzeige in Haft. Diese Verfahren sind ein weiterer Baustein in der Verfolgungswelle der Münchner Staatsanwaltschaft wegen angeblich verbotener Symbole der kurdischen Volksverteidigungskräfte.

Wir empfinden das als einen unerträglichen Zustand. Viele von uns haben schon gemeinsam mit der SPD in Bündnissen gesessen. Deshalb haben wir als Betroffene mehrfach das Gespräch mit der SPD gesucht. Über Wochen und Monate mussten wir allerdings feststellen, dass Zusagen nicht eingehalten und ein Ausgleich ohne Geldstrafen und Repression seitens der SPD nicht gewünscht sind. Zu den verschiedenen Bündnissen gehörte auch das NoPAG-Bündnis, in dem wir trotz aller Differenzen gemeinsam mit der SPD Demonstrationen gegen das bayrische Polizeiaufgabengesetz organisert haben. Im Aufruf für die Demonstration am 3. Oktober 2018 wurde festgehalten:

„Die Verabschiedung des neuen Polizeiaufgabengesetzes durch den bayerischen Landtag ist ein weiterer Schritt in Richtung einer autoritären Gesellschaft. Der Beschluss trotz des massiven Widerstandes in der Gesellschaft, hat nicht nur antidemokratische Tendenzen der amtierenden Landesregierung offenbart, sondern auch den Abbau von Bürger*innen- und Menschenrechten in Bayern nach sich gezogen: Demonstrierende, Streikende, Gewerkschafter*innen, Journalist*innen, Anwält*innen, Geflüchtete, Linke, Migrant*innen sind seither noch stärker als bisher Repression und Überwachung ausgesetzt.“

Die Bayern-SPD muss sich jetzt entscheiden. Will sie tatsächlich gegen antidemokratische Tendenzen in unserer Gesellschaft stellen oder will sie Seite an Seite mit der CSU zur Kriminalisierung von kurdischen und internationalistischen Aktivist*innen beitragen. Beides geht nicht. Wir fordern die sofortige und bedingungslose Rücknahme aller Strafanträge gegen die Aktivist*innen vom 20. März 2018.