Dem kurdischen Vordenker Abdullah Öcalan ist ein sechsmonatiges Anwaltsverbot erteilt worden. Auch Besuch von seinen Angehörigen darf der 72-Jährige nicht empfangen. Wie das Istanbuler Rechtsbüro Asrin mitteilt, erfolgte die Anordnung auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft durch das Vollzugsgericht in Bursa. Die Maßnahme betrifft auch Öcalans Mitgefangene auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali, bei denen es sich um Ömer Hayri Konar, Veysi Aktaş und Hamili Yıldırım.
Das Kontaktverbot zum Rechtsbeistand wird mit einer am 12. Oktober verhängten Disziplinarstrafe gegen die Imrali-Gefangenen begründet. Eine Stellungnahme darüber, für welche Handlungen die Disziplinarstrafen verhängt worden sind, gaben die Justizbehörden bislang nicht ab. Das Besuchsverbot für die Familien gilt bereits seit dem 18. August für eine Dauer von drei Monaten. Auch hier weigern sich die Behörden, Informationen zu den Gründen der Disziplinarmaßnahmen preiszugeben.
Die Auskunft über das den Imrali-Gefangenen auferlegte Kontaktverbot zu ihrem Rechtsbeistand und Angehörigen kam als Reaktion auf Dringlichkeitsanträge der Kanzlei Asrin, die vergangene Woche jeweils beim Justizministerium, der Generaldirektion für Strafvollzug und Haft und der Abteilung für Menschenrechte eingereicht worden waren. Am Freitag hatten sich die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von Asrin an internationale Menschenrechtsorganisationen und zivilrechtliche Vereinigungen gewandt, um praktische Schritte zur Aufhebung der Isolation auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali einzufordern. Der Appell von Asrin richtete sich an zahlreiche Organisationen, darunter Amnesty International, Human Rights Watch, die Internationale Liga für Menschenrechte, die Organisation zur Verhinderung von Folter und Misshandlung (APT), die Weltorganisation gegen Folter und den Rat der Anwaltschaften der Europäischen Gemeinschaft.
Bedingungen auf Imrali „inhuman und entwürdigend“
Das Rechtsbüro Asrin bezeichnet die Bedingungen der absoluten Isolationshaft im Inselgefängnis Imrali als „inhuman und entwürdigend“ und „jenseits von Recht und Menschlichkeit“ und hält es für erforderlich, dass internationale Organisationen, die „wiederholt ihren Willen zur Verteidigung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten bekräftigt haben“, die Tatsache verurteilen, dass Öcalan und seine Mitgefangenen nicht ungehindert mit ihrem Rechtsbeistand und ihren Familien zusammenkommen können und damit keine Informationen über ihre gesundheitliche Verfassung an die Öffentlichkeit dringen. Seit acht Monaten gibt es kein Lebenszeichen von den Imrali-Gefangenen. Der letzte Kontakt zu Abdullah Öcalan war ein kurzes Telefongespräch mit seinem Bruder Mehmet Öcalan im vergangenen März.