Die USA haben den Rückzug ihrer Soldaten aus Syrien angekündigt. Damit wird der Luftraum über Nordsyrien für die Türkei freigemacht. Der kurdische Dachverband NAV-DEM ruft angesichts der drohenden Besatzung Nordsyriens zum gemeinsamen Handeln auf:
„Es ist keine Frage mehr ob, sondern wann der Überfall auf unsere Revolution im Norden Syriens beginnen wird. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte vor wenigen Tagen an, in kürzester Zeit eine Militäroffensive gegen die Selbstverwaltungsgebiete in Nordsyrien zu starten. Am Montag, dem 17. Dezember, erklärte er die Vorbereitungen der türkischen Armee für abgeschlossen und drohte, die Offensive sei nur noch eine Frage der Zeit. Nach der Ankündigung einer Militärinvasion in Rojava durch den türkischen Präsidenten Erdoğan hat die Autonomieverwaltung von Nordostsyrien zur Mobilmachung aufgerufen. In den Städten und Vierteln wird bereits der Widerstand von der Gesellschaft organisiert.
Der völkerrechtswidrige Besatzungskrieg der Türkei gegen den Kanton Afrin hat der ganzen Welt vor Augen geführt, zu was der türkische Staat in der Lage ist. Afrin war eine Oase des Friedens, während der Krieg in den letzten sieben Jahren ganz Syrien zerstörte. Mit der türkischen Besatzung wurde Afrin in Schutt und Asche gelegt, hunderttausende Menschen mussten fliehen. Die Menschen aus Afrin erleben tagtäglich Massaker, Vergewaltigungen, Entführungen, Zerstörungen und andere Brutalitäten. Afrin, die Insel der Toleranz, ist heute eine Ausbildungsstätte für Salafisten. Was der türkische Staat in Afrin versuchte zu vernichten, ist das demokratische Projekt, das unter größten Anstrengungen und schweren Opfern in den nunmehr sechs Jahren der Revolution aufgebaut und verteidigt wurde. Die Revolution im Norden Syriens bzw. in Rojava hat uns allen gezeigt, dass eine andere Welt möglich ist. Eine Welt jenseits von Nationalismus, religiösem Sektierertum und imperialistischer Fremdbestimmung. Sie ist eine Revolution der Frau, in der Frauen ihre Geschicke selbstbestimmt in die Hand nehmen und autonome Frauenorganisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen stattfindet.
Entscheidender Überlebenskampf
Während Kobanê von den Mörderbanden des sog. Islamischen Staats (IS) belagert und Afrin von der türkischen Armee angegriffen und besetzt wurde, sind wir in Europa und auf der ganzen Welt zu Hunderttausenden auf die Straße gegangen, um genau diese Werte und diese Revolution gemeinsam zu verteidigen. Der World-Kobane-Day und World-Afrin-Day sind ein Ausdruck dafür, dass die Revolution in Rojava unsere gemeinsame Revolution ist. Nun nährt sich der entscheidende Überlebenskampf der Demokratischen Föderation Nordsyriens.
Die Gesellschaften in Nordsyrien haben bereits angekündigt, die befreiten Gebiete bis zum Ende zu verteidigen. Es liegt nun an uns, die Verbrechen gegen Rojava öffentlich zu machen, sie anzuprangern und die Luftröhre unserer Revolution zu sein, die von überall umzingelt ist.
Türkische Invasion mit Unterstützung aus Berlin
Es gilt nun die Proteste in Deutschland vorzubereiten. Es ist klar, dass die nahende Intervention wie bereits beim verbrecherischen Überfall auf Afrin nur Realität werden wird dank der Unterstützung, die das Regime Erdogans aus Berlin und speziell durch den letzten Staatsbesuch auf rotem Teppich in Berlin erhalten hat. Es sind deutsche Panzer, Fahrzeuge und Gewehre, mit denen türkische Soldaten in Afrin einmarschiert sind und den Krieg in Nordkurdistan führen. Es ist die bedingungslose politische Rückendeckung aus Berlin, die Ankara überhaupt erst dazu ermutigt, einen derartigen Völkerrechtsbruch zu begehen. Zu guter Letzt ist es die direkte Unterstützung des Innenministeriums hier in Deutschland, mit der Protest von vornherein durch das Verbot sämtlicher kurdischer Flaggen und die andauernde und schärfer werdende Kriminalisierung gegen kurdische Organisationen unterdrückt wird. Es ist bezeichnend, dass genau zu dieser Zeit die deutschen Behörden dazu ansetzen, Ermittlungsverfahren gegen Internationalisten wegen YPG-Unterstützung zu führen.
Weil Deutschland im Falle einer Intervention in Rojava indirekt eine Kriegspartei sein wird, gilt es, hier Druck auf die Bundesregierung aufzubauen und unseren Protest auf die Straße zu tragen. Mit dem Geist von Kobanê und Afrin müssen wir uns heute zusammentun, organisieren und gemeinsam zur Aktion schreiten, denn morgen schon könnte es zu spät sein.
Den gemeinsamen Widerstand koordinieren
Wir rufen daher all jene, die sich mit den Werten dieser Revolution identifizieren können, all jene, für die Rojava in den letzten Jahren zur Hoffnung und Inspiration wurde und all jene, die nicht mehr länger zu sehen wollen, wie die Bundesregierung sich erneut vor allen Augen zum Komplizen eines weiteren Massakers macht: Schließt euch in euren Städten und Vierteln zu Internationalistischen Widerstandskomitees zur Verteidigung Rojavas zusammen und baut breite Bündnisse über alle ideologischen Grenzen hinweg auf. So wie wir uns während Kobanê und Afrin in flexiblen Solidaritätskomitees und Bündnissen zusammengefunden, haben müssen wir jetzt den gemeinsamen Widerstand auf diese Weise koordinieren. Wie möchten betonen, dass ein strategischer und langfristiger Aufbau dieser Komitees für den zukünftigen gemeinsamen demokratischen Widerstand auch hier in Deutschland entscheidend sein wird.
Bildet Internationalistische Widerstandskomitees, beteiligt euch an den Aktionen und besucht die kurdischen Vereine in euren Städten. Schließt euch mit den GenossInnen vor Ort zusammen und tragt euren Protest gegen den Vernichtungskrieg der Türkei und die Beihilfe des deutschen Militarismus gemeinsam auf die Straße. Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker! Gemeinsam werden wir unsere Revolution verteidigen!“
Demonstration in Berlin
Heute findet in Berlin um 18 Uhr Uhr ab Hermannplatz eine Demonstration gegen die bevorstehende türkische Militärinvasion statt.