Gegen die türkische Besatzung in Kurdistan und insbesondere in Efrîn finden am Samstag, den 26. Mai weltweit Proteste im Rahmen eines „Globalen Aktionstags“ statt. Zu den Aktionen rufen unter anderem Persönlichkeiten wie Prof. Kariane Westrheim, Rev. Fr. Joe Ryan, Thomas Jeff Miley, Federico Venturini, Ulla Sandbæk, Miren Gorrotxategi Azurmendi, Estella Schmid und Institutionen wie die Plattform Defend Efrîn auf. Von Japan bis Kanada sind weltweit Proteste geplant.
„Erdoğan will ein neues Imperium errichten“
Salih Muslim, Sprecher des Diplomatiekomitees der Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft (TEV-DEM), rief alle Menschen zur Teilnahme an den Demonstrationen auf. Im Gespräch mit ANF hob Muslim die Besetzung von Efrîn und schließlich ganz Kurdistans als eines der Hauptziele der Türkei hervor und erklärte: „Schon die Gründung des türkischen Staates basierte auf der Vernichtung der Kurd*innen und der Völker der Region. Es gibt solche Strategien. Sie sehen es als eine große Bedrohung an, wenn die Kurd*innen einen Status erringen. Deswegen greifen sie die Kurd*innen überall an und wollen nicht, dass sie ihre demokratischen Rechte durchsetzen. So wie in der Vergangenheit setzt sich diese Haltung und diese Politik auch heute fort. Es gibt historische Beispiele wie das Rote Kurdistan, die Republik von Mahabad und auch Südkurdistan 1975. In Nordkurdistan handelt es sich um die Niederschlagung von Aufständen wie denen von Şêx Seid und Seyid Riza. Heute greifen sie Rojava an und wollen alle Rechte in ihre Hände bekommen.“
Muslim sprach auch von den Ambitionen Erdoğans, ein neues Osmanisches Reich neu zu schaffen und fuhr fort: „Erdoğan möchte seinen Herrschaftsbereich und seine Grenzen im Mittleren Osten ausweiten. Deswegen greift er alle an. Sein Ziel ist es, in der Region ein neues Osmanisches Reich zu errichten. Nicht nur in der Region, er möchte es auf die ganze Welt ausweiten. Er hat die gleiche Mentalität wie Hitler. Seine letzte Rede in Bosnien-Herzegowina ging genau in diese Richtung. Er hat eine expansionistische und an Eroberung orientierte Einstellung.“
„Efrîn soll entkurdisiert werden“
Salih Muslim erinnerte an die Vertreibung von etwa 200.000 Menschen aus Efrîn: „Im Moment befinden sich etwa 130.000 Menschen in den Camps in Şehba. Natürlich wollen diese Menschen nach Hause zurückkehren. Aber diejenigen, die in Efrîn in den Dörfern leben, selbst die, die mit niemanden irgendwelche Beziehungen haben, werden jeden Tag unterdrückt, entführt und ermordet. Man will Efrîn leer machen. Andererseits werden Banden aus vielen Regionen nach Efrîn gebracht und in den Häusern und auf dem Boden der Kurd*innen angesiedelt. Auf diese Weise soll die Demografie Efrîns verändert werden. In den Institutionen, der Verwaltung, den Schulen und allen Einrichtungen wird türkisch gesprochen und unterrichtet. Kurdisch wurde verboten. Efrîn wird als ein Teil der Türkei angesehen. So betrachten sie die Region.“
„Die Kurd*innen müssen sich gegen diese Besatzungspolitik vereinen“
Muslim wies ebenfalls darauf hin, dass die Besatzungspolitik des türkischen Staates nicht nur auf Efrîn beschränkt ist: „Diese Politik gilt auch für Südkurdistan. Seit Jahren finden Luftangriffe statt. Es gibt vielerorts Militärbasen. Im Moment finden Gefechte statt. Der türkische Staat hat die Kurd*innen als Ganzes ins Visier genommen. Wenn sich die Kurd*innen nicht vereinen, nicht zusammenkommen, dann erreicht der türkische Staat sein Ziel. Deswegen müssen sich alle dem entgegenstellen.“
Erdoğan bedrohe nicht nur die Kurd*innen, sondern richte sich gegen alle Nachbarn, insbesondere gegen Griechenland, erinnerte Muslim. Er sei zu einem Fluch für die Welt geworden und es sei die Zeit gekommen, dass endlich jemand zu ihm Stopp sage. Der Politiker kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem die EU und die NATO scharf, die trotz allem ihre Beziehungen zur Türkei fortsetzen.
„Am 26. Mai müssen alle zeigen, wo sie stehen“
„Hunderte international bekannte Politiker*innen, Akademiker*innen, Intellektuelle und Vertreter*innen von Institutionen rufen am 26. Mai zum globalen Aktionstag gegen die Invasionspolitik Erdoğans auf“, so Muslim. „Neben den Kurd*innen müssen alle demokratischen Kreise und ihre Freunde an vielen Orten auf der Welt gegen diese Politik Position beziehen. Denn die Türkei und Erdoğan wollen keine Lösung und keinen Frieden in Syrien. Er tut seit sieben Jahren alles was in ihrer Macht steht, dagegen. Der Verantwortliche für die aktuelle Situation ist Erdoğan. Er bedroht alle Völker, Länder und Regionen. Deswegen ist es besonders wichtig, dass alle Menschen, die Freiheit wollen, die Demokratie wollen, wo auch immer auf der Welt sie sind, gegen diese expansionistische Haltung auf die Straße gehen und eine deutliche Reaktion zeigen.“