Möglicher Blauhelmeinsatz in Nordsyrien im historischen Kontext

Nach der Drohung des türkischen Staates, unter dem Vorwand der Errichtung einer „Pufferzone“ Nordsyrien zu besetzen, fordert die Bevölkerung der Region eine Sicherheitszone unter UN-Aufsicht.

Die Drohungen des türkischen Staates gegen die Menschen in Nord- und Ostsyrien dauern an. Während die Diskussion zwischen den USA und der Türkei über eine Sicherheitszone weitergeht, erklärt die autonome Selbstverwaltung, dass man nicht gegen eine Sicherheitszone sei, diese allerdings durch die UN abgesichert werden müsse. Ein Blauhelmeinsatz würde in den Konflikt involvierte Staaten wie die Türkei direkt von einer Beteiligung ausschließen. Eine türkische Präsenz in Nord- und Ostsyrien ist für die Selbstverwaltung der Region angesichts der IS-Unterstützung und der Massaker des AKP-Regimes vollkommen inakzeptabel.

Die Vereinten Nationen sind nach dem zweiten Weltkrieg mit dem Ziel gegründet worden, in einer polarisierten Welt zu vermitteln. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschloss 1946 die Gründung einer Friedenstruppe. Die Friedenstruppe wurde von den 15 Mitgliedern ohne Gegenstimme bestätigt. Ständige Mitglieder im Sicherheitsrat waren die USA, England, Frankreich, Russland und China.

Friedenmissionen der UN

Das Ziel der Friedentruppen ist es, unter der Beteiligung von Soldaten, Polizisten, Diplomaten und Verantwortlichen bestimmter Länder die Einhaltung einer Waffenruhe in jeglichem Land zu unterstützen und zu kontrollieren sowie vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den Konfliktparteien zu ergreifen. Zu den UN-Friedenseinsätzen gehören Wahlbeobachter, Experten für ökonomische und soziale Entwicklung und Verantwortliche für Menschenrechtsbeobachtung.

Missionen im Kalten Krieg

Die erste Generation der Friedensmissionen fand während des Kalten Krieges bis zum Beginn der 1990er Jahre statt. Diese Missionen umfassten 13 Orte weltweit. Dabei ging es vor allem um die Kontrolle von Grenzen, um Konflikte aufgrund von Grenzstreitigkeiten und die Einrichtung von Pufferzonen.

Missionen nach dem Kalten Krieg

Nach dem Ende des Kalten Krieges begannen die Friedensmissionen der zweiten Generation. In dieser Phase erlangten an Stelle von bewaffneten Kräften vor allem die Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Institutionen, die Förderung des Friedens durch religiöse, ethnische, politische, kulturelle und humanitäre Unterstützung und die Durchführung von Wahlen eine größere Bedeutung.

Unterschiedlicher Umfang

Seit 1946 haben nach den UN-Statuten 60 verschiedene Missionen zu präventiver Diplomatie, Friedensstiftung, Friedenswahrung und Friedenserhaltung nach dem Ende der Kämpfe an verschiedenen Orten auf der Welt stattgefunden. Auch wenn diese Operationen immer wieder auch als parteiisch kritisiert wurden, so gab es positive Beispiele, welche Aggressionen in verschiedenen Ländern verhindert und die Probleme auf internationaler Ebene verhandelt haben.

Die Friedensmissionen der UN

Einige der 60 Friedensmissionen in Mittel- und Südamerika, dem Mittleren Osten, Afrika, Ozeanien und auf dem Balkan sind: Sudan (2005), Burundi (2004), Demokratische Republik Kongo (2003), Haiti (2004), Pakistan-Indien (1949), Zypern (1964), Kosovo (1999), Golan-Höhen (1974), Mittlerer Osten (1948), Somalia (1995), Tadschikistan (2000), Irak-Iran (1988), Libanon (1958), Jemen (1963), Irak-Kuwait (1991), Kroatien (1995), Ex-Jugoslawien (1992), Bosnien und Herzegowina (1995), Ost-Timor (2002), Costa Rica-El Salvador-Guatemala-Honduras-Nikaragua (1989), Dominikanische Republik (1965), Angola (1988) und Ruanda (1993).

Vor der Besetzung: Spiel mit Pufferzone

Wenn man sich die Probleme an den verschiedenen Orten weltweit vor Augen führt, an denen Friedensmissionen stattgefunden hat, so gibt es ähnliche Beispiele von einem Vorgehen, wie es die Türkei heute in Nordsyrien auf die Tagesordnung zu bringen versucht. Das Projekt einer Pufferzone in Nordsyrien, von der der türkische Staat die Welt heute zu überzeugen sucht, ähnelt den Problematiken in Korea, Zypern, Suez, Kongo, Palästina-Israel, Indien-Pakistan und Indien-Kaschmir.

Das Beispiel Ost-Timor

Es gibt auch eine Ähnlichkeit mit dem Vorgehen Indonesiens in Ost-Timor nach dem Rückzug der portugiesischen Kolonialmacht im Jahr 1974. Indonesien betrachtete Ost-Timor als seine 27. Provinz. 1999 stimmten 78 Prozent der Bevölkerung für die Unabhängigkeit. Daraufhin begingen die dortigen indonesischen Paramilitärs und das Militär eine Vielzahl von Massakern. Am 15. September 1999 entsandte der UN-Sicherheitsrat die Friedenstruppe für Ost-Timor (INTERFET). Portugal und Indonesien übertrugen die Vollmacht über Ost-Timor den UN und am 20. Mai 2002 erklärte Ost-Timor seine Unabhängigkeit.

Das Beispiel Irak-Kuwait

Am 2. August 1990 besetzte der irakische Präsident Saddam Hussein Kuwait. Der US-Präsident George W. Bush erklärte Hussein zur Bedrohung für den Weltfrieden und verglich ihn mit Adolf Hitler. Die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat entschieden sich in seltener Einstimmigkeit für eine UN-Intervention. Mit der Begründung, der Konflikt sei nicht wie in Artikel 41 der UN-Charta vorgesehen mit diplomatischen Mitteln zu lösen, stützte man sich auf Artikel 42 und entschied sich zur Gewaltanwendung. Am 17. Januar 1991 begann eine 40-tägige Operation, die am 27. Februar in der bedingungslosen Anerkennung der Entscheidungen des UN-Sicherheitsrats endete. Die UN verhängten außerdem im April 1991 eine Flugverbotszone nördlich des 36. Breitengrads.  

Eine Kriegspartei kann nicht Teil einer UN-Mission sein

Die Völker der Region fordern nach den Drohungen durch den türkischen Staat gegenüber Nordsyrien die Präsenz einer UN-Friedenstruppe oder von Beobachtungsdelegationen, um mögliche Massaker zu verhindern. Es gibt einige positive Beispiele von Einsätzen von Friedenstruppen, aber viel mehr schlechte. Daher ist es umso notwendiger, dass regionale Kriegsparteien wie die Türkei nicht an der Blauhelmtruppe teilnehmen können.