Laut einer Recherche von „Correctiv“ haben sich Ende November rechtsextreme Aktivisten, AfD-Politiker, rechtsorientierte Unternehmer und andere Rechte in einer Potsdamer Villa getroffen. Der Anführer der Identitären Bewegung, Martin Sellner, präsentierte dabei seinen „Masterplan“ für eine massenhafte Deportation von Migranten in Deutschland unter dem Begriff „Remigration“. Es wurde Geld für die Unterstützung dieser Ideen gesammelt, und es soll ein rechter Angriff auf die Demokratie nach einer möglichen Wahl der AfD geplant worden sein.
Die als Remigration verklärte Abschiebung soll dabei auch Menschen treffen, die einen deutschen Pass haben. Menschen mit Migrationshintergrund sollen, sofern sie sich nicht „assimiliert“ haben, abgeschoben werden, ob sie nun die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen oder nicht.
Teilnehmer des Treffens waren neben Martin Sellner unter anderem Gernot Mörig, ehemaliger Leiter des rechtsextremen Bund Heimattreue Jugend, Hans-Christian Limmer, Investor bei Backwerk, sowie ranghohe Mitglieder der AfD wie Roland Hartwig und Tim Krause. Auch ein ehemaliges Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung nahm teil, ebenso wie Vertreter der Werteunion und Silke Schröder aus dem CDU-nahen Verein Deutsche Sprache.
Die Repression wird auf ein anderes Level gehoben
Die Kurdinnen und Kurden in Deutschland sind stark, weil sie organisiert sind. Und genau deswegen wären sie aller Wahrscheinlichkeit nach das erste Ziel von massenhaften Deportationen, sollten die rechtsradikalen Kräfte um die AfD herum tatsächlich an die Macht kommen.
Schon in der bürgerlichen Demokratie gibt es Repressionen gegen Linke und Kurd:innen, Organisationen werden verboten, in politischen Prozessen vermeintliche Mitglieder der PKK zu hohen Haftstrafen verurteilt. Die Pläne aus dem rechtsextremen Milieu gehen weiter: In einem (wohl noch näher zu bestimmenden) Bereich in Afrika sollen die aus Deutschland vertriebenen Menschen angesiedelt werden. Repression für „Nicht-Assimilation“, das weckt bei vielen Kurdinnen und Kurden völlig zurecht Ängste. Dass Linke und andere politische Gegner auch deportiert werden können, liegt auf der Hand, wenn erst einmal die Infrastruktur und das Personal dafür bereitsteht. Dass diese Vertreibungsphantasien in Vernichtungsphantasien umschlagen können ebenso.
Bündnisse schmieden – den Kampf um die Meinung annehmen
Nun sind die Faschisten noch nicht an der Macht – wie sie dort hinkommen wollen, wurde jedoch auch besprochen: Influencer finanzieren, im vorpolitischen Raum arbeiten, das Meinungsklima ändern. Diesen Kampf müssen alle demokratischen Kräfte annehmen und ihn aktiv führen.
Die organisatorische Stärke der Kurd:innen könnte jetzt eingesetzt werden, um Bündnisse zu schmieden. Die ureigensten Interessen der Kurd:innen in Deutschland, die der Linken und jenen Teilen des Bürgertums, die sich den Idealen der französischen Revolution, Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit, verpflichtet fühlen, fallen zusammen. Dieser Moment der Gemeinsamkeit durch den Angriff von außen muss genutzt werden.
Volksfront gegen die AfD?
Eine Falle, in die linke Kräfte dabei laufen können, wäre die Kritik an den Parteien der bürgerlichen Mitte aufzugeben. Bei allen Plänen von Rechtsaußen darf nicht vergessen werden: Es waren die bürgerlichen Parteien SPD, Grüne, FDP und CDU, welche Verschärfungen von Versammlungsrecht und Asylrecht durchgebracht haben. Die Gesetzgebung in Deutschland wird restriktiver, auch ohne dass die AfD oder andere Rechtsradikale an der Macht sind. Teile ihres Programms werden in vorauseilendem Gehorsam von den Regierungsparteien durchgesetzt.
Wir müssen mehr verhindern als die Regierungsbeteiligung der AfD. Wir müssen die Umsetzung ihres Programms verhindern.
Erik Hagedorn hat Politik und Psychologie studiert und war Sprecher der Basisgewerkschaft FAU in Bonn. Er war Teilnehmer der Friedensdelegation nach Südkurdistan und arbeitete journalistisch in Rojava.
Titelbild: Fotokollektiv Links Unten Göttingen