Journalist Celal Başlangıç in Köln beigesetzt

Der Journalist Celal Başlangıç ist in Köln beigesetzt worden. Viele Menschen aus dem Familien- und Freundeskreis, aus der Medienbranche sowie aus Politik und Zivilgesellschaft kamen auf den Nordfriedhof, um sich ein letztes Mal von ihm zu verabschieden.

„Einer, der den Mächtigen nie schmeichelte“

Der Journalist und Autor Celal Başlangıç ist am Freitag in Köln beigesetzt worden. Etwa 200 Menschen aus dem Familien- und Freundeskreis, aus der Medienbranche sowie aus Politik und Zivilgesellschaft versammelten sich am Vormittag auf dem Nordfriedhof, um sich ein letztes Mal von Başlangıç zu verabschieden. Zu den Trauerrednern gehörten unter anderem die Journalist:innen Banu Güven, Can Dündar und Hasan Cemal.


Die Reden würdigten die Leistungen Başlangıçs als „Demokrat und furchtloser Journalist“, der den Mächtigen nie schmeichelte, sich für Unterdrückte einsetzte und unangenehme Wahrheiten ans Licht brachte. Auch streiften sie viele Anekdoten über ihn. Als langjähriger Mitarbeiter der säkularen Zeitung „Cumhuriyet“, für die er nicht selten aus den kurdischen Provinzen des Landes berichtete – 1989 hatte Başlangıç für ein Fanal gesorgt, als das Blatt auf seinen Druck hin den Folterskandal von Cizîr auf der Titelseite brachte; mehrere Bewohner waren von türkischen Soldaten zum Essen ihrer Exkremente gezwungen worden – war Başlangıç stilprägend für mehrere Generationen kritischer Medienschaffender. Er war am 3. Mai im Alter von 68 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung im Universitätsklinikum Köln gestorben.

An der Beisetzung Başlangıçs beteiligten sich viele bekannte Persönlichkeiten, darunter der DEM-Abgeordnete Saruhan Oluç, der HDP-Ehrenvorsitzende Ertuğrul Kürkçü, die Journalisten Ragıp Duran, Kemal Göktaş, Vartan Estukyan und Günay Aslan, die Musiker Ferhat Tunç und Suavi sowie Şebnem Korur Fincancı, Vorsitzende der türkischen Ärztekammer. (c) Serkan Yadırgı / Kısa Dalga


Başlangıç wurde in Istanbul geboren und studierte in Izmir. Bei der Cumhuriyet, die besonders unter der Chefredaktion durch Can Dündar ab 2015 eine Vielzahl staatlicher Gängelungs- und Repressionsversuche beklagen musste, arbeitete er von 1981 bis 1994 und hatte verschiedene Positionen inne: Büroverantwortlicher für die Çukurova-Region, Leiter im Ressort Innenpolitik, Chefredakteur. 1995 war Başlangıç einer der Mitbegründer der Zeitung „Evrensel“ und ein Jahr später baute er das Blatt „Radikal“ mit auf. Er schrieb Kolumnen für T24, Gazete Duvar, Bianet und Haberdar und war Autor mehrerer Bücher, darunter „Kanlı Bilmece“ (Blutiges Rätsel) über den Krieg in Kurdistan. In der Mitte der 2010er Jahre hielt er sich regelmäßig in den kurdischen Provinzen auf. „Es geht mir um Solidarität mit der Bevölkerung“, sagte er. Es war die Zeit der Ausgangssperren und Militärbelagerung, die auf die Proklamierung der Selbstverwaltung gefolgt waren, die einen demokratischen Gegenentwurf zum von der AKP vorgeschlagenen totalitären „Präsidialsystem“ darstellte.

Prozession zum Grab (c) Serkan Yadırgı / Kısa Dalga

Seit 2016 lebte Başlangıç in Köln, nachdem er die Türkei aufgrund juristischer Verfolgung des Erdoğan-Regimes verlassen hatte. In der Domstadt baute er den Exilsender Artı TV und die Webzeitung Artı Gerçek auf und wurde Leiter der Nachrichtenredaktion. In Abwesenheit verurteilte ihn ein Gericht in der Türkei 2019 wegen des Vorwurfs der „Terrorpropaganda“ zu fünfzehn Monaten Haft. Başlangıç hatte sich als „symbolischer Chefredakteur” im Rahmen der Kampagne „Bereitschaftsjournalismus“ mit der pro-kurdischen Tageszeitung „Özgür Gündem“ solidarisiert, die im Oktober 2016, kurz nach dem mutmaßlichen Pseudoputsch im Juli zuvor, per Notstandsdekret verbotenen wurde. 2021 wurde bekannt, dass Celal Başlangıçs Name auf einer „Hinrichtungsliste“ mit mehr als fünfzig Erdoğan-Gegnern stand.