Istanbul: 82 Festgenommene wieder freigelassen

Von den 83 Personen, die am Freitag in Istanbul bei Protesten nach dem Suizid des Medizinstudenten Enes Kara festgenommen wurden, sind 82 nach einem polizeilichen Verhör wieder freigelassen worden.

Die bei einer Protestkundgebung von Studierenden- und Jugendorganisationen in Istanbul gewaltsam von der Polizei festgenommenen Aktivist:innen sind freigelassen worden. Bei dem Polizeiangriff auf die Demonstration auf der zentralen Istiklal Caddesi waren 83 Personen abgeführt worden, darunter die Karinca-Journalistin Yadigar Aygün. Eine Person befindet sich aufgrund eines gesonderten Verfahrens weiterhin in Gewahrsam, die anderen wurden nach einem Verhör im Polizeipräsidium auf freien Fuß gesetzt. Ihnen wird Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen die Polizei vorgeworfen.

Hintergrund des Protests am Taksim-Platz im zentralen Stadtteil Beyoğlu war der Tod von Enes Kara. Der 20-jährige Medizinstudent der Fırat-Universität in Xarpêt (tr. Elazığ) nahm sich kürzlich das Leben, weil er die tägliche Indoktrination in einem Wohnheim des islamisch-fundamentalistischen Nur-Ordens nicht länger ertrug. „Ich habe keine Lebensfreunde mehr“, sagt Enes Kara in einem Abschiedsvideo, in dem er über seine Verzweiflung angesichts des Alltags in dem religiösen Studierendenheim redet und beschreibt, wie er aufgrund des Drucks seiner Familie genötigt wird, dort zu leben.

Seit der Selbstmord des 20-Jährigen bekannt ist, erlebt die Türkei einen Aufschrei. Die größte Wut sammelt sich bei Studierenden und Jugendlichen und entlädt sich auf der Straße. „Das jetzige System bietet uns keine Zukunft – Wir aber werden leben!“, lautete das Motto der gestrigen Demonstration.