Finnland: Türkei fordert Prüfung abgelehnter Auslieferungsanträge

Die Türkei hat Finnland aufgefordert, bereits abgelehnte türkische Auflieferungsanträge neu zu entscheiden. Die Anfragen sollen angebliche Straftaten im Zusammenhang mit „Terrorismus“ betreffen.

Nach der Zustimmung der Türkei zum NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens hat das finnische Justizministerium eine Überprüfung bereits abgelehnter türkischer Auslieferungsersuchen verweigert. Ankara fordere, über sechs abgelehnte Auslieferungsanträge neu zu entscheiden, sagte die Ministeriumsvertreterin Sonja Varpasuo zur AFP.

„Laut der türkischen Regierung betrifft die Anfrage verschiedene Straftaten im Zusammenhang mit Terrorismus“, sagte Varpasuo. Die Entscheidungen seien aber endgültig und nicht anfechtbar. Der Türkei sei daher mitgeteilt worden, „dass die Fälle nicht neu bewertet werden können“.

Als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine hatten Finnland und Schweden im Mai beschlossen, nach Jahrzehnten der Bündnisneutralität der NATO beizutreten. Die Türkei wehrte sich als einziges Land der 30 Mitglieder gegen die Aufnahme der beiden nordischen Länder.

Die Führung in Ankara wirft Schweden und Finnland vor, dutzende „Terrorverdächtige“ aus der Türkei zu beherbergen, und fordert deren Auslieferung. Dabei handelt es sich vor allem um kurdische Aktivist:innen, denen eine Nähe zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) unterstellt wird, und angebliche Mitglieder der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen – den in Ungnade gefallenen politischen Ziehvater von Recep Tayyip Erdoğan, der für den Putschversuch von 2016 verantwortlich sein soll.

Gegenleistung für die Zustimmung zum NATO-Beitritt

In einem Memorandum, das Schweden und Finnland Ende Juni auf dem NATO-Gipfel in Madrid unterzeichneten, sagten die beiden Länder der Türkei zu, türkische Auslieferungsanträge „zügig und gründlich“ zu prüfen. Erdoğan gab daraufhin seinen Widerstand gegen die Aufnahme Schwedens und Finnlands in die NATO auf. Im August kündigte die schwedische Regierung eine erste Abschiebung an. Der türkische Justizminister Bekir Bozdağ bezeichnete das jedoch als „unzureichend“ – bei dem Betroffenen handelt es sich um einen türkischen Staatsbürger, der 2013 und 2016 in der Türkei wegen Betrugsdelikten zu insgesamt 14 Jahren verurteilt wurde.

Seit 2019 elf Auslieferungsersuchen

Die Türkei ist seit 2019 elfmal mit einem Auslieferungsersuchen an Finnland herangetreten. Der neueste Antrag wurde nach Angaben des finnischen Justizministeriums im Vormonat gestellt. Informationen zu den Hintergründen des Falls gab das Ministerium nicht preis.