Erdoğan auf Zypern von Protesten empfangen
In der symbolisch bedeutsamen Stadt Varosha auf Zypern ist es zu Protesten gegen den Besuch des türkischen Regimechefs Erdoğan gekommen.
In der symbolisch bedeutsamen Stadt Varosha auf Zypern ist es zu Protesten gegen den Besuch des türkischen Regimechefs Erdoğan gekommen.
Der türkische Regimechef Recep Tayyip Erdoğan hat am Sonntag gemeinsam mit dem türkisch-nationalistischen Politiker Ersin Tatar (Ulusal Birlik Partisi) den entgegen UN-Beschlüssen wiederöffneten Ferienort Varosha auf Zypern besucht. Varosha ist Symbol der Teilung und wurde nach der Besetzung Nordzyperns durch die Türkei zum Sperrgebiet erklärt, die mehrheitlich griechische Bevölkerung wurde vertrieben. Eine Wiedereröffnung des Ferienortes stellt daher eine Provokation gegenüber Griechenland, Zypern und allen unionistischen Kräften auf der Insel dar.
Erdoğan muss sich in abgesperrtes Gelände zurückziehen
So kommt es nicht ungefähr, dass der türkische Präsident gerade auch von der Bevölkerung des besetzten Nordzyperns mit Protesten empfangen wurde. Aufgrund der Proteste musste Erdoğan sich in das zu seinem feierlichen Empfang abgesperrte Gebiet zurückziehen. Auch im Süden gingen Menschen gegen den AKP-Chef auf die Straße.
Die Protestierenden setzten sich gegen Blockadeversuche der Polizei durch und demonstrierten entschieden gegen das „Picknick“ Erdoğans. Sie trugen Transparente mit Aufschriften wie „Kein Picknick am Ort des Schmerzes“. Der Besuch des Badeortes durch Erdoğan verstößt ebenso gegen UN-Resolution wie auch dessen Wiedereröffnung, da dieses Vorgehen eine Wiedervereinigung der Insel verhindert. Nicht von ungefähr wiederholte der türkische Regimechef daher erneut den Slogan einer „Zweistaatenlösung“, welche de facto eine Annexion durch die Türkei bedeuten würde. Der Besuch Erdoğans und das Verhältnis zur Türkei zeigen bereits jetzt deutlich, dass es sich bei Nordzypern um kein unabhängiges Gebilde, sondern um eine türkische Kolonie handelt.
„Jetzt oder nie“
„Jetzt oder nie. Wir müssen unsere Stimme in offenem Protest erheben", sagte Şener Elcil, Vertreter der Gewerkschaft der Studierenden aus der Türkei, dem Guardian. In der UN-patrouillierten Pufferzone, die Zypern teilt, erklärte er: „Die türkischen Zyprioten werden aussterben, wenn unser Land nicht wiedervereinigt wird ... Erdoğan ist eine tickende Zeitbombe, er kann alles tun.“
Erdoğan-Vasall Tatar mit Wahlbetrug an der Macht
Vergangenen Monat hatte der Wunschkandidat des Erdoğan-Regimes, der rechtsextreme Politiker Ersin Tatar, die Wahlen in Nordzypern gewonnen. Auch dieser tritt wie Erdoğan für eine „Zweistaatenlösung“ und damit eine Verstetigung der türkischen Annexion eines Teils der Insel ein.
Die meisten derer, die am Sonntag auf die Straße gingen, stimmten für den gemäßigten Vorgänger Tatars, Mustafa Akıncı, der ein Verfechter einer Regelung ist, in der die Mehrheit der griechischen Zypriot*innen sich die Macht in einer bizonalen, bikommunalen Föderation teilen. Die Wahlen, bei denen der Linkspolitiker mit einem Stimmenrückstand von weniger als vier Prozent verlor, waren geprägt von Betrugsversuchen und Stimmenkauf durch die AKP. Siedlern vom Festland, die Tatar nicht wählen wollten, wurde mit der Umsiedlung von der Insel gedroht.
Sertac Sonan, Professor für Politikwissenschaft an der Cyprus International University, der Akıncı beriet, erklärte gegenüber dem Guardian: „Untätigkeit würde mehr Einmischung von Seiten der Türkei bedeuten. Hier geht es um die 48 Prozent, die für Akıncı gestimmt haben. Dies war keine faire Wahl. Es war nicht leicht zu schlucken, und wir haben immer noch die Möglichkeit, unser Unbehagen zum Ausdruck zu bringen, sonst besteht die Sorge, dass die Situation in eine Annexion münden könnte.“
Auch Niko Anastasiades, Präsident der Republik Zypern, kritisierte den Erdoğan-Besuch und warnte, dass dessen Aktivitäten die Aussicht für eine Atmosphäre, auf deren Grundlage UN-vermittelte Verhandlungen stattfinden könnten, torpedieren würden.
Varosha-Vertriebene: „Sie sind hier durch Gewalt, nicht durch Gesetz“
In einer Videobotschaft vor dem Besuch des türkischen Präsidenten riefen griechische Zyprioten, die gewaltsam aus Varosha vertrieben worden waren, Erdoğan auf, sich fernzuhalten: „Dies ist nicht Ihr Heimatland, Herr Erdoğan, es wurde im Krieg mit vorgehaltener Waffe geraubt. Sie sind dort durch Gewalt, aber nicht durch das Gesetz.“