Corona-Krise: Verschuldete Markthändler in Istanbul

Die Corona-Krise trifft vor allem Geringverdiener und Einkommenslose. Auf einem Wochenmarkt in Istanbul beschweren sich die Händler über das ausbleibende Geschäft und die Kunden über die hohen Preise.

Die türkische AKP-Regierung unterstützt in der Corona-Krise Großunternehmen und die eigenen Anhänger, andere gehen leer aus. Darunter leiden insbesondere auch die Händler auf den Wochenmärkten. Auf Anordnung des Innenministeriums ist der Verkauf von Kleidung, Spielzeug und anderen nicht lebensnotwendigen Waren an Marktständen verboten. Gleichzeitig sind die Preise für Obst und Gemüse gestiegen. Ein Kilo Erdbeeren kosten zehn TL, Tomaten acht TL, Paprika viereinhalb TL. Das können sich viele Menschen nicht mehr leisten.

Wir haben uns bei Markthändlern im Istanbuler Stadtteil Bağcılar umgehört und sie nach den Auswirkungen der Pandemie auf ihr Geschäft gefragt.

Überall Schulden

Arif Göçer hat einen Obststand und erzählt zu seiner Situation in den letzten zwei Monaten: „Ich kann mich kaum noch aufrichten. Wir kaufen teuer im Großmarkt ein, entsprechend sind auch unsere Verkaufspreise hoch. Ohnehin kann ich den Stand nur noch an vier Tagen in der Woche aufbauen, weil am Wochenende Ausgangssperre ist. Seit Beginn der Pandemie habe ich 50.000 TL Miese gemacht. Im Großmarkt habe ich überall Schulden. Was soll ich tun, wenn ich gar nichts mehr bekomme? Es hätte eine andere Lösung gefunden werden müssen.“

Fast kein Verkauf

Ismet B. verkauft Glas- und Plastikwaren auf einem Marktstand. Von der Anordnung des Innenministeriums will er nichts wissen. „Was ich verkaufe, wird ohnehin nur selten gebraucht. Schüsseln, Bürsten, Becher, so etwas kauft eine Familie doch höchstens alle zwei Monate. Seit das Virus da ist, verkaufe ich von morgens bis abends manchmal nur fünf Teile. Wenn die Regierung nicht nur die großen Chefs unterstützen würde, würde es uns besser gehen. Andauernd gibt es Ausgangssperren. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Das hier ist meine Arbeit, ich habe kein Geschäft und komme zum Verkauf auf den Markt. Wenn ich direkt aus dem Auto auf der Straße verkaufe, bekomme ich eine Geldstrafe.“

Das Leben ist zu teuer für häusliche Isolation

Aslihan Eren ist zum Einkaufen auf den Markt gekommen. Sie zeigt auf die Preisschilder am Obststand und sagt: „Das ist nicht die Schuld der Händler. Was sollen sie tun, sie versuchen ja auch nur zu überleben. Ein Kilo Erdbeeren für zehn TL? Ich kann nicht für eine vierköpfige Familie für hundert Lira einkaufen. Das Leben ist so teuer und immer wird gesagt, dass man zu Hause bleiben soll. Wovon sollen wir denn leben, wenn wir nicht arbeiten? Auch für die Händler muss eine Lösung gefunden werden.“