Die Autonomieverwaltung von Şengal hat sich zur aktuellen Situation im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet im Nordirak geäußert. Demnach sind alle Gespräche mit der irakischen Staatsführung bisher ergebnislos verlaufen. Die Autonomieverwaltung erklärt ihre Bereitschaft für eine friedliche Zusammenarbeit mit den irakischen Behörden und fordert, das Recht der ezidischen Gemeinschaft auf Selbstbestimmung und eigene Verteidigung zu respektieren.
„Bekanntlich herrscht in Şengal wieder ein Ausnahmezustand. Alle Augen sind auf Şengal gerichtet und alle versuchen zu verstehen, was hier vor sich geht. Die aktuelle Eskalation hat am 18. April eingesetzt und dauert bis heute an. Es muss jedoch verstanden werden, was die Ursache der Probleme ist“, erklärt die Autonomieverwaltung und warnt vor einem neuen Ferman, einem weiteren Massaker in der ezidischen Geschichte.
In der Erklärung wird auf den vom IS („Islamischer Staat“) begangenen Genozid von 2014 und die damalige Flucht der irakischen Armee und der südkurdischen PDK-Peschmerga hingewiesen: „Als ezidische Gemeinschaft wurden wir dank der Freiheitsguerilla und der Revolution von Rojava vor diesem Ferman gerettet. Damit unser Volk keinem weiteren Ferman ausgesetzt wird, haben wir ein autonomes Verwaltungs- und Verteidigungssystem aufgebaut.“ Dafür seien große Opfer erbracht worden. Inzwischen seien acht Jahre vergangen und in dieser Zeit sei nicht nur Şengal verteidigt worden, sondern auch die Integrität des Irak.
„Das Abkommen vom 9. Oktober 2020 ist die Ursache der Probleme“
„Wir haben in den vergangenen acht Jahren viele Projekte für die Klärung des Status von Şengal vorgelegt und zahlreiche Gespräche geführt. Dabei haben wir auf die Gesamtheit des Irak gesetzt und wollten unsere Probleme im Rahmen der irakischen Gesetzgebung lösen. Die Antwort auf unsere Bemühungen war das schmutzige Abkommen vom 9. Oktober 2020, das zwischen der Kadhimi-Regierung und der PDK auf Druck des türkischen Staates und im Einverständnis internationaler Kräfte besiegelt wurde“, so die Autonomieverwaltung. Dieses Abkommen sei der Ausgangspunkt der heutigen Probleme. Die Türkei werde dadurch zu Angriffen auf Şengal ermutigt, die PDK berufe sich auf das Abkommen, um in die Region zurückzukehren. Die Kadhimi-Regierung habe Truppen entsandt, um das Abkommen durchzusetzen und die selbstverwalteten Sicherheitskräfte (Asayîşa Êzîdxanê) aufzulösen.
„Das Ziel des türkischen Staats ist nicht nur Şengal“
„Damit sich die Kämpfe nicht ausweiten, haben wir als Autonomieverwaltung im breiten Rahmen nach Lösungen gesucht. Wir haben an den Irak und die Öffentlichkeit appelliert und sowohl in Şengal als auch in Bagdad eine Reihe Gespräche geführt. Bei diesen Gesprächen wurden jedoch der Willen der ezidischen Gemeinschaft, die Autonomieverwaltung und unsere Selbstverteidigungskräfte nicht respektiert. Es wurde erneut versucht, uns zur Akzeptanz des Abkommens vom 9. Oktober 2020 zu zwingen. Unser Volk muss wissen, dass bei den letzten Gesprächen mit den Operationskommandanturen von Şengal und Mossul eine Lösung unmöglich gemacht und die Kriegspolitik angeheizt wurde“, teilt die Autonomieverwaltung mit und appelliert ein weiteres Mal an alle irakischen Kräfte, sich nicht auf die Machenschaften der PDK und der Türkei einzulassen: „Das Ziel des türkischen Staats ist nicht nur Şengal. Er will seine neo-osmanischen Träume über einen Krieg im Irak verwirklichen. Wir erklären ein weiteres Mal, dass wir unsere Probleme innerhalb des Irak lösen wollen. Gleichzeitig fordern wir Respekt vor der Autonomieverwaltung Şengals und unserer Selbstverteidigungskräfte. Die Asayîşa Êzîdxanê und die YBŞ/YJŞ stehen für die Würde der ezidischen Gemeinschaft.“