Appell von französischen IS-Opfern für Rojava

Ein Kollektiv von 44 Überlebenden des IS-Terroranschlags auf das Bataclan in Paris 2015 hat eine gemeinsame Erklärung zu den Angriffen auf Rojava abgegeben.

Das Kollektiv von 44 Überlebenden des IS-Terroranschlag im Jahr 2015 auf das Bataclan in Paris kritisiert in einem Schreiben an die Zeitung Le Parisien die Passivität Frankreichs und der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem Angriff der Türkei auf Rojava/Nordsyrien scharf. Der Appell der 44 lautet:

„Wir, 44 Überlebende des Terrorismus, erklären unsere Unterstützung und Solidarität mit der Bevölkerung von Nordsyrien, die seit mehreren Tagen von Erdoğans Armee und ihren dschihadistischen Hilfstruppen angegriffen wird.

Als wir 2015 in unseren Städten und auf unseren Straßen angegriffen wurden und unsere Toten zählten, kämpften diese Kurden, Araber, Eziden, Turkmenen und Assyrer gemeinsam gegen Daesh (Islamischer Staat/IS), den Feind der Menschheit.

Sie wurden unsere Verbündeten und das erste menschliche Bollwerk gegen Hass und Aberglauben. Sie kämpften an vorderster Front in Raqqa, wo die Pariser Angriffe organisiert worden waren, sowie in Kobanê und in der gesamten Region, um unsere Mörder aus dem Weg zu räumen und den IS zu besiegen.

Tausende von ihnen sind gefallen. In ihrem Kampf haben sie stolz die universellen Werte Freiheit, Gleichheit und Solidarität verteidigt, die sie mit unserer Republik gemein haben. Wir fühlen uns ihrem Kampf verpflichtet. Seit dem 9. Oktober werden sie nun völkerrechtswidrig angegriffen. Sie sind allein den Massakern, den Vergewaltigungen, den Kriegsverbrechen und der Vertreibung ausgesetzt.

Wir sind empört über die Passivität Frankreichs und der internationalen Gemeinschaft“

Als Überlebende des Terrorismus ist es uns unmöglich, still und gleichgültig gegenüber dem andauernden Angriff auf diese Bevölkerungsgruppen zu bleiben. Wir stehen tief in ihrer Schuld. Wir sind empört über die Passivität Frankreichs und der internationalen Gemeinschaft, die nach den Anschlägen in Paris nicht gezögert haben, gemeinsam mit den Kurden gegen unsere Mörder vorzugehen. Passivität, die heute die Flucht von Hunderten von Terroristen ermöglicht, darunter auch die gefährlichsten französischen Dschihadisten. Wie lange wird es dauern, bis sie wieder zuschlagen? All diese Jahre des Kampfes und der unermüdlichen Bemühungen gegen den Terrorismus sind jetzt gefährdet. Und Rojava, der einzige Versuch von gesellschaftlicher Demokratie, inmitten eines Ozeans von Diktaturen, läuft Gefahr, ausgelöscht zu werden. Das darf nicht geschehen.

Unterstützt die Bevölkerung von Rojava“

Wir fordern alle Überlebenden des Terrorismus auf, sich uns anzuschließen und unsere Botschaft der internationalen Solidarität zu teilen. Wir rufen ausnahmslos alle Bevölkerungsgruppen der Welt, die daran interessiert sind, in Frieden zu leben, unsere Freunde, die sich nach den Anschlägen von Paris alle gegen die Barbarei zusammengeschlossen haben, auf, jetzt die Bevölkerung von Rojava zu unterstützen. Wir rufen alle Journalisten, die 2015 unseren Schmerz und unsere Sorge an die Öffentlichkeit gebracht haben, auf, unsere Botschaft heute über Grenzen hinweg zu verbreiten. Wir fordern alle Staats- und Regierungschefs Europas und der Welt, die 2015 zusammen „Nie wieder“ gesagt haben, auf, ihre historische Verantwortung mit größter Sorgfalt wahrzunehmen.

In diesen beispiellosen Zeiten müssen sich alle unsere Gedanken und Handlungen an diejenigen richten, die, wo immer sie auch sein mögen, kämpfen, fliehen oder Opfer von Barbarei und Unterdrückung werden.

Unseren Freunden jenseits der Berge.

Kollektiv der Überlebenden des Terrorismus zur Unterstützung der Bevölkerung von Rojava“