DEM-Partei spricht von gezielter Provokation
Nach der bewegenden Gedenkveranstaltung für den verstorbenen DEM-Politiker Sırrı Süreyya Önder im Atatürk-Kulturzentrum (AKM) in Istanbul wurde der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP), Özgür Özel, beim Verlassen des Gebäudes Opfer eines körperlichen Angriffs. Die Tat sorgte umgehend für Empörung und wurde von der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) als bewusste Provokation verurteilt.
Täter schlägt zu – Polizei nimmt Mann mit krimineller Vergangenheit fest
Wie auch auf Videoaufnahmen zu sehen ist, griff ein Mann Özgür Özel beim Verlassen des AKM körperlich an und schlug ihm ins Gesicht. Der Täter soll sich zuvor als „Osmanlı çocuğuyum“ („Ich bin ein Kind des Osmanischen Reiches“) bezeichnet haben, bevor er den Angriff verübte. Özel wurde umgehend von seinen Personenschützern in Sicherheit gebracht und verließ das Gelände unter Polizeischutz.
Die Polizei nahm den Angreifer vor Ort fest. Es soll sich um Selçuk T., Jahrgang 1959, handeln. Laut dem türkischen Innenministerium war er bereits zuvor wegen schwerer Straftaten auffällig. Im Jahr 2004 habe er in Iskenderun bei Hatay zwei seiner Kinder getötet und zwei weitere verletzt.
„Ein Angriff auf den Frieden“
Die DEM-Partei reagierte mit scharfer Kritik und Solidarität mit dem CHP-Vorsitzenden. In einer offiziellen Stellungnahme hieß es: „Dieser niederträchtige Angriff gilt nicht allein der Person Özgür Özel, sondern ist eine Provokation gegen die politischen Werte, für die Sırrı Süreyya Önder stand: Frieden, Demokratie und ein gemeinsames Leben in Solidarität.“
Die Partei betonte weiter, dass dieser Angriff den Charakter eines gezielten politischen Einschüchterungsversuchs habe – insbesondere in einem Moment kollektiver Trauer um eine integrative Persönlichkeit wie Önder.
Man fordere die Behörden auf, den Vorfall umfassend aufzuklären und mögliche politische Hintergründe offen zu legen. Die DEM-Partei sprach Özel ihre volle Solidarität aus und bedankte sich für seine Präsenz bei der Trauerfeier.
Bakırhan und Hatimoğulları: „Wir kennen die Absicht hinter dieser Dunkelheit“
Die beiden Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tuncer Bakırhan und Tülay Hatimoğulları, verurteilten den Angriff in einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung aufs Schärfste: „Wir verurteilen diesen abscheulichen Angriff mit größter Entschlossenheit und Wut. Er ist nicht nur gegen eine Person gerichtet, sondern gegen die Werte, für die Sırrı Süreyya Önder lebte – gegen das Prinzip des friedlichen Zusammenlebens, gegen die Idee von Versöhnung und Kooperation der Völker.“
Weiter heißt es: „In einem Moment tiefster gemeinsamer Trauer richtet sich dieser Angriff auf unser kollektives Gedächtnis. Wir kennen die Absicht hinter dieser Dunkelheit. Das Volk dieser Republik wird solchen finsteren Szenarien nicht weichen. Wir haben Herrn Özel telefonisch unsere Genesungswünsche übermittelt und tun das hiermit auch öffentlich.“
Tanrıkulu: „Ein Provokateur und Schande für das Land“
Auch der CHP-Abgeordnete Sezgin Tanrıkulu äußerte sich. Er nannte den Täter einen „schamlosen, niederträchtigen Provokateur“ und forderte eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls. Der Politiker warnte zudem vor den gesellschaftlichen Konsequenzen einer zunehmenden Toleranz gegenüber politisch motivierter Gewalt.
Angriff inmitten eines Trauerakts für Frieden
Die Gedenkfeier für Sırrı Süreyya Önder war von zahlreichen Vertreter:innen der demokratischen Opposition besucht worden – unter ihnen auch Özgür Özel. Önder war als Brückenbauer zwischen Völkern, politischer Vermittler und Stimme des Friedens bekannt und verstarb am Samstag an den Folgen eines schweren Herzinfarkts und multiplem Organversagen. Derzeit findet ein Trauermarsch in Istanbul statt. Nach einem Gebet in einer Moschee wird Önder auf dem Zincirlikuyu-Friedhof beigesetzt.