56 Millionen Wahlberechtige an den Urnen
In der Türkei sind 56 Millionen Wahlberechtigte zur Wahl aufgerufen. Die Stimmen der kurdischen Wähler*innen spielen eine dabei eine Schlüsselrolle gegen den Erdoğan-Faschismus.
In der Türkei sind 56 Millionen Wahlberechtigte zur Wahl aufgerufen. Die Stimmen der kurdischen Wähler*innen spielen eine dabei eine Schlüsselrolle gegen den Erdoğan-Faschismus.
Die heutigen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei bergen viele Risiken. Sie haben sowohl für die Fortdauer der vom türkischen Staatspräsidenten eingerichteten faschistischen Ordnung, als auch für ihre Beendigung durch die Opposition eine vitale Bedeutung. Diese Wahlen können der seit 15 Jahren aufgebauten politischen Herrschaft Erdoğans ein Ende setzen.
Die AKP/MHP-Allianz hat in einer Phase, in der sich die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Probleme wie nie zuvor vertieft hatten, die Entscheidung für erzwungene Neuwahlen getroffen. Damit wurde versucht, die Opposition unvorbereitet zu erwischen. Die Wahlen wurden ein Jahr vorgezogen und als Datum der 24. Juni festgelegt. Allerdings ging die Rechnung nicht auf. Die Opposition trat stärker als erwartet auf. Der Wahlausgang wird jedoch von den Stimmen der Kurdinnen und Kurden bestimmt.
Als Erdoğan bei den Wahlen am 7. Juni 2015 aufgrund des Erfolgs der HDP die Mehrheit im Parlament verlor, erkannte er die Ergebnisse nicht an und ließ im Oktober Neuwahlen ausrichten.
Rekordbeteiligung im Ausland
Das Interesse an den aktuellen Wahlen zeigte sich schon deutlich bei der Abstimmung im Ausland. Die Beteiligung war auf Rekordniveau. Fast die Hälfte der Wahlberechtigten im Ausland gab ihre Stimme ab. Die Anzahl der beim Zoll abgegebenen Stimmen ist noch nicht einmal bekannt gegeben. In den Wahllokalen im Ausland nutzten 1,49 Millionen Menschen ihr Wahlrecht. Im Oktober 2015 wurden 1,3 Millionen und im April 2017 1,4 Millionen Stimmen abgegeben.
Zahl der Wahlberechtigten und Wahlkreise
Zu den Wahlen am 24. Juni sind 56.322.632 Wahlberechtigte aufgerufen. In den 81 Provinzen der Türkei werden 180.065 Urnen aufgestellt. Im ganzen Land gibt es 87 Wahlkreise. Istanbul ist mit drei Wahlkreisen und den meisten Wahlberechtigten der Ort, an dem die meisten Urnen aufgestellt werden.
Mit diesen Wahlen wird die Anzahl der Sitze im Parlament von 550 auf 600 steigen. Dem Wahlgesetz nach ist den Medien am Sonntag bis 18.00 Uhr verboten, Nachrichten über die Wahlen oder die Wahlergebnisse, Prognosen und Kommentare zu veröffentlichen. Zwischen 18.00 und 21.00 Uhr werden Informationen des Hohen Wahlausschusses (YSK) veröffentlicht. Das Medienverbot wird um 21.00 Uhr aufgehoben.
415 akkreditierte Wahlbeobachter
Die Wahlen in der Türkei werden weltweit genau beobachtet. Von acht internationalen Institutionen sind 415 Wahlbeobacher*innen akkreditiert worden. Unter ihnen befinden sich 234 Beobachter*innen der OSZE und 35 der parlamentarischen Versammlung des Europarats. Das Europaparlament hat entschieden, die Wahlen nicht zu beobachten oder zu kommentieren.
Sicherheit der Urnen
Die größten Bedenken betreffen einen möglichen Wahlbetrug. Aus diesem Grund haben alle Oppositionsparteien eigene Maßnahmen zum Schutz der Urnen unternommen. Die HDP setzt zur Sicherheit der Urnen 80.000 Mitglieder der Kommissionen in den Wahllokalen, 100.000 Beobachter und 20.000 Schulverantwortliche ein. Die CHP hat in 81 Kreisen Wahlbeobachtungs- und Koordinationszentren eingerichtet. Außerdem haben CHP, IYI-Partei, Saadet, HDP und zivilgesellschaftliche Organisationen eine „Plattform für gerechte Wahlen” gebildet, die insgesamt 600.000 Urnen-Verantwortliche mit dem Schutz der Wählerstimmen beauftragt hat.
Wettbewerb um das Amt des Staatspräsidenten
Die Wahlberechtigten entscheiden sowohl über das Amt des Staatspräsidenten als auch über die neue Besetzung des Parlaments. Sechs Kandidat*innen bewerben sich auf das Amt des Staatspräsidenten. Gegen Erdoğan treten Muharrem İnce (CHP), Selahattin Demirtaş (HDP), Meral Akşener (IYI), Temel Karamollaoğlu (Saadet) und Doğu Perinçek (Vatan) an.
Eine weitere Besonderheit der heutigen Wahlen sind die Allianzen. CHP, IYI und Saadet treten als „Bündnis der Nation” an, während die beiden faschistischen Parteien AKP und MHP sich zur „Volksallianz” zusammengeschlossen haben. Die HDP wird an beiden Wahlen mit ihrer aus vielen verschiedenen Komponenten geschaffenen demokratischen Front antreten. Auf dem Wahlzettel befinden sich folgende Optionen: die Volksallianz (AKP/MHP), Hüda-Par, Vatan Partei, HDP, Bündnis der Nation (CHP, Saadet, Iyi-Partei).