Bericht: 71 Menschen aus Efrîn verschleppt

Das Aktivistennetzwerk AAN hat eine Monatsbilanz zur menschenrechtlichen Lage in Efrîn vorgelegt. Der Bericht dokumentiert Fälle von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen, darunter 71 Entführungen und drei Todesfälle durch Folter.

Seit mehr als dreieinhalb Jahren prägen Morde, Entführungen und Gewalt den Alltag der Menschen in Efrîn. Was das bedeutet, schildert der jüngste Bericht des Aktivistennetzwerks Afrin (AAN) zur menschenrechtlichen Lage in der Region im Nordwesten Syriens. Die Bilanz dokumentiert Fälle von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen im Zeitraum zwischen dem 1. November und 29. November, verübt von der türkischen Armee, die im Bündnis mit islamistischen Milizen ist.

Nach Angaben des AAN gab es in diesem Monat drei dokumentierte Fälle von Tod durch Folter. Bei einem der Opfer handelt es sich um einen bislang nicht identifizierten älteren Mann, dessen von Wunden und Folterspuren gezeichnete Leiche vor acht Tagen am Rande eines Olivenfelds im Kreis Cindirês entdeckt worden war. Es wird angenommen, dass es sich bei dem Mann um ein Entführungsopfer von Besatzungsmilizen handeln könnte.

AAN liegen darüber hinaus Informationen über sieben Fälle von Folter vor, die sich teilweise in Besatzungshaft zugetragen haben sollen. Bei zwei der Betroffenen handelt es sich den Angaben nach um Ältere. Hinzu kommen Fälle von zwei Frauen, die Opfer von sexualisierter Belästigung und Gewalt geworden sind. Sechs Personen beklagten sich über Diebstahl, in zehn Bezirken von Efrîn soll die verpflichtende Zahlung von Schutzgeld eingeführt worden sein.

Entführungsfälle

Die dschihadistischen Milizen in der türkischen Besatzungszone nutzen Entführungen systematisch zur Lösegelderpressung. Die Methode gilt als lukrative Einnahmequelle. Oft landen die Entführungsopfer in Gefängnissen und Internierungslagern und erfahren grausame Folter und sexualisierte Gewalt. In diesem Monat wurden bereits mindestens 71 Zivilistinnen und Zivilisten von Söldnern der Türkei aus Efrîn verschleppt. Unter ihnen befinden sich AAN-Recherchen zufolge sechs Frauen, ein Kind und sechzehn ältere Menschen. Entführte Frauen werden regelmäßig von den Besatzern vergewaltigt. Es liegen auch Berichte über Frauen vor, die entführt und mit Islamisten zwangsverheiratet worden sind.

Demografische Veränderungen

Die demografischen Veränderungen in Efrîn im Rahmen des Projekts zur sunnitischen Arabisierung der Region dauern unvermindert an. AAN konnte die Eröffnung von drei neuen Moscheen verifizieren, in denen radikale Imame des Besatzungsregimes predigen.

Kulturzerstörung

Als Herrschaftsinstrument des Kolonialismus wird die Kulturzerstörung ebenfalls fortgesetzt. Nachdem die Statue des Schmieds Kawa, Symbol des kurdischen Widerstands gegen die Fremdherrschaft, beim Einfall der Besatzungstruppen in Efrîn am 18. März 2018 erst beschossen und dann vom Sockel gerissen worden war, ist nun auch das in der Nähe aufgestellte Newroz-Denkmal zerstört worden. „Arabisierung, Türkisierung und Islamisierung sind das, was der türkische Staat hier erreichen will“, erklärt AAN. In sieben historischen Stätten wurden Plünderungen und Raub erfasst.