„Mittelalterliche Praktiken“: Mann in Iran öffentlich gehängt

In Iran ist ein Mann öffentlich vor einer großen Zuschauermenge exekutiert worden. Seit Jahresbeginn erfasste die NGO Iran Human Rights bereits 279 Hinrichtungen in dem Land.

In Iran ist ein Mann laut Berichten öffentlich vor einer großen Zuschauermenge exekutiert worden. Die Hinrichtung des wegen des Kapitalverbrechens „Korruption auf Erden“ Verurteilten habe am helllichten Tag in der Stadt Maragha in der Provinz Ost-Aserbaidschan stattgefunden, teilte die in Norwegen ansässige Organisation Iran Human Rights (IHR) am Donnerstag mit. Sie warf dem iranischen Regime „mittelalterliche Praktiken“ vor.

Von iranischen Oppositionsmedien veröffentlichte Bilder zeigen eine Versammlung von offenbar hunderten Menschen, welche die Hinrichtung hinter einer Sicherheitsabsperrung verfolgt. Auch der Mann wird mit der Schlinge um den Hals gezeigt. Er soll vor etwa fünf Jahren festgenommen und dann wegen Vergehen im Zusammenhang mit seinen Beziehungen zu Frauen für schuldig befunden worden sein. Worin genau die angeblichen Verbrechen bestanden, wurde nicht bekannt. In der Regel werden solche Urteile in Schauprozessen gefällt.

„Grausamkeit, Demütigung und Einschüchterung“

„Die internationale Gemeinschaft darf solche mittelalterlichen Praktiken nicht billigen“, erklärte IHR-Direktor Mahmood Amiry-Moghaddam. Die Hinrichtung zeige das „wahre Gesicht einer Regierung, die ihr Überleben mit Grausamkeit, Demütigung und der Einschüchterung der Gesellschaft sichert“. Er kritisierte, dass ein iranischer Regierungsbeamter im November 2023 den Vorsitz über das Sozialforum des UN-Menschenrechtsrats erhalten wird.

Menschenrechtsorganisationen zufolge werden in Iran jährlich mehr Menschen hingerichtet als in jedem anderen Land der Welt – mit Ausnahme Chinas. Öffentliche Hinrichtungen sind allerdings selten, die meisten finden in Gefängnissen statt. Die einzigen beiden öffentlichen Exekutionen im Jahr 2022 waren im Morgengrauen fast ohne Publikum vollstreckt worden. Dabei handelte es sich um Mohsen Shekari und Majidreza Rahnavard. Ihre Hinrichtungen standen im Zusammenhang mit Demonstrationen der „Jin, Jiyan, Azadî“-Bewegung.

279 Hinrichtungen seit Jahresbeginn

Zuletzt war die Zahl der Hinrichtungen in Iran gestiegen – trotz Sanktionen gegen Verantwortliche und Organisationen des Regimes. Menschenrechtsgruppen sehen darin eine Maßnahme zur Einschüchterung der Gesellschaft nach dem Aufkommen der systemkritischen Volksrevolte im Herbst 2022. Die Proteste waren durch den gewaltsamen Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini im Gewahrsam der sogenannten Sittenpolizei entfacht worden. Die 22-Jährige war festgenommen worden, weil sie angeblich gegen die islamische Kleiderordnung verstoßen hatte.

Familie von Hingerichtetem in Haft

Sieben Männer wurden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International bereits in Fällen in Zusammenhang mit den Protesten gehängt, sieben weiteren droht demnach das gleiche Schicksal. Laut IHR sollen in Iran seit Beginn des Jahres bereits 279 Menschen hingerichtet worden sein.