HPG gedenken Garzan-Gefallener

Der Guerillakommandant Demhat Cîlo und die Kämpfer:innen Erdelan Şaho, Mordem Norşîn, Warşîn Sekvan und Tolhildan Tekman sind vor drei Jahren in Garzan gefallen.

Der Guerillakommandant Demhat Cîlo und die Kämpfer:innen Erdelan Şaho, Mordem Norşîn, Warşîn Sekvan und Tolhildan Tekman sind am 15. September 2020 im Widerstand gegen die türkische Armee in Qelanis in der nordkurdischen Garzan-Region gefallen. Das hat das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) heute in einem Nachruf in Behdînan bekannt gegeben.

Die HPG würdigen Demhat Cîlo als „führenden Militanten offensiver Zeiten“, der in den knapp zwei Jahrzehnten seines Guerillalebens zehn Jahre lang in Nordkurdistan kämpfte und dem türkischen Staat unvergessliche Schläge versetzt habe: „Unser wertvoller Kommandant hat seine opferbereite Haltung im Leben auch im Kampf widergespiegelt. Wir geben erneut unser Wort, auf dem von ihm geebneten Weg zu laufen und seinem Kampf gerecht zu werden.“

Erdelan Şaho sei ein mutiger Sohn der Yarsan aus Kirmaşan (dt. Kermanschah), der das nationale Bewusstsein Kurdistans repräsentiert und dem revolutionären Marsch für die Freiheit des kurdischen Volkes seine eigene Farbe verliehen habe. Mordem, Warşîn und Tolhildan stammten aus Nordkurdistan und „haben unserem Kampf im Bewusstsein ihrer historischen Aufgabe und Verantwortung neue Werte hinzugefügt“, so die HPG.

Den Angehörigen und allen patriotischen Menschen aus Kurdistan, deren Herzen für die Freiheit schlagen, sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus.

                          

Codename: Demhat Cîlo
Vor- und Nachname: Eyüp Çelik
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Saliha – Mehmet
Todestag und -ort: 15. September 2020 / Garzan

 

Codename: Erdelan Şaho
Vor- und Nachname: Mensur Nasrî
Geburtsort: Kirmaşan
Namen von Mutter und Vater: Ekrem – Ehmed Murad
Todestag und -ort: 15. September 2020 / Garzan

 

Codename: Mordem Norşîn
Vor- und Nachname: Zafer Koç
Geburtsort: Mersin
Namen von Mutter und Vater: Nurten – Rahmetullah
Todestag und -ort: 15. September 2020 / Garzan

 

Codename: Warşîn Sekvan
Vor- und Nachname: Dilvîn Can
Geburtsort: Êlih
Namen von Mutter und Vater: Kıymet – Bayram
Todestag und -ort: 15. September 2020 / Garzan

 

Codename: Tolhildan Tekman
Vor- und Nachname: Yılmaz Uzun
Geburtsort: Erzîrom
Namen von Mutter und Vater: Sona – Ibrahim
Todestag und -ort: 15. September 2020 / Garzan


Demhat Cîlo


Demhat Cîlo ist in Amed (tr. Diyarbakir) geboren. Unter dem Einfluss des von der kurdischen Freiheitsbewegung seit Anfang der 1990er Jahre ausgelösten politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Wandels beteiligte sich seine Familie in verschiedenen Formen am Kampf und war massiver staatlicher Repression ausgesetzt, weshalb sie nach Istanbul ziehen musste. Dort wuchs Demhat auf. Als Heranwachsender nahm er an kultureller Arbeit teil und war gleichzeitig in der Jugendbewegung aktiv. 2004 ging er in die Berge und wurde in Xakurke zum Guerillakämpfer ausgebildet. Er schloss sich der Sondereinheit Hêzên Taybet an und durchlief eine weitere Ausbildung, die er nach einem Jahr erfolgreich beendete. 2006 ging er für eine besondere Aufgabe nach Rojhilat (Ostkurdistan/Iran) und geriet im Zuge eines Komplotts verletzt in Gefangenschaft des iranischen Regimes. Nach anderthalb Jahren wurde er an die Türkei ausgeliefert und war dort ein weiteres halbes Jahr im Gefängnis. Nach seiner Entlassung ging er erneut in die Berge und kam an die nach Mazlum Doğan benannte zentrale Parteischule der PKK in der Zap-Region. 2010 wurde sein Vorschlag angenommen, im Rahmen der Strategie des Revolutionären Volkskrieges nach Amed zu gehen. Er kehrte als Guerillakommandant an seinen Geburtsort zurück.


In Amed beteiligte Demhat Cîlo sich ungefähr zwei Jahre an der Vorbereitung des Widerstands für Selbstverwaltung. Gleichzeitig nahm er vielen Aktionen gegen die türkische Armee teil. Ab 2013 war er Gebietskommandant in Şehîd Êrîş. Dort befasste er sich lange Zeit mit verschiedenen Aufgaben, die von dem Aufbau der notwendigen Infrastruktur bis zu dem Anschluss neuer Kämpfer:innen in der Guerilla reichten. Ihm wurde früh klar, dass der damalige Verhandlungsprozess, der angeblich für eine Lösung der kurdischen Frage geführt wurde, auf die Vernichtung der Freiheitsbewegung abzielte. Er traf Vorsichtsmaßnahmen und teilte seine Gedanken mit der Organisation und seinen Mitkämpfer:innen. Bereits damals war er der Meinung, dass die Guerilla neu strukturiert und auf ein breiteres Gebiet verteilt werden muss. Auf den 2015 vom türkischen Staat eingeleiteten Vernichtungsfeldzug gegen alle Errungenschaften des kurdischen Volk reagierte er als opferbereiter Militanter mit Gegenangriffen. Er war einer der Anführer des sich entwickelnden Widerstandsprozesses und verteidigte mit großer Eigeninitiative die Werte und Ziele der apoistischen Bewegung. 2010 kam er nach Garzan, wo seinen Kampf bis zuletzt fortsetzte und bei einem feindlichen Angriff zusammen mit vier Genoss:innen ums Leben kam.

Erdelan Şaho


Erdelan Şaho ist in Kirmaşan in Rojhilat geboren und gehörte der Glaubensgemeinschaft der Yarsan an. Als Kurde und Yarsan erfuhr er doppelte Unterdrückung durch das System. Auf der Suche nach einem Ausweg hörte er von verschiedenen kurdischen Parteien. Vor allem der bewaffnete Kampf der PKK gegen den türkischen Staat weckte sein Interesse. Obwohl er wenig über die PKK wusste, schloss er sich 2011 im Qendîl-Gebirge der Guerilla an. Zunächst überraschte es ihn, bei der Guerilla auf Menschen verschiedener Herkunft und Glaubensrichtungen zu treffen. Innerhalb kurzer Zeit wurde ihm jedoch klar, dass er sich am richtigen Ort befand. Weil er Kelhor war, hatte er anfangs Verständigungsprobleme, mit der Zeit lernte er auch andere kurdische Dialekte. Er war intelligent und begriff das Leben in den Bergen schnell. Nach seiner Grundausbildung war er im Zap und Zagros und spielte eine wichtige Rolle bei den Offensiven in diesen Gebieten im Jahr 2012. Im heißen Krieg gewann er militärische Erfahrung und erlebte die genossenschaftlichen Verbindungen innerhalb der PKK. Ab 2014 kämpfte er in Garzan.

Mordem Norşîn


Mordem Norşîn ist in Mersin geboren, seine Familie stammte aus Bedlîs-Norşîn und stand der kurdischen Befreiungsbewegung nahe. Die Repression gegen die Familie setzte sich auch nach der Flucht aus Kurdistan in Mersin fort. Mordems Vater wurde brutal festgenommen und verhaftet. Er selbst wuchs in dem Bewusstsein auf, dass der türkische Staat dem kurdischen Volk das Existenzrecht abspricht. Ab 2011 war er in der kurdischen Jugendbewegung aktiv. Unter dem Eindruck der vom türkischen Staat unterstützten Angriffe des IS auf Şengal und Rojava entschied er sich für den bewaffneten Kampf und ging 2014 in die Berge.


Bei der Guerilla bekam Mordem Norşîn eine ideologische und militärische Ausbildung. Danach war er wieder Teil der Arbeiten zur Selbstverteidigung, an der er bereits zuvor teilgenommen hatte. Weil er dabei aufflog, kehrte er zurück in die Berge. Als die türkische Armee 2015 ihre Vernichtungsangriffe gegen die kurdische Bewegung wieder aufnahm, war er in Xakurke. Danach nahm er an der revolutionären Şemzînan-Operation teil. Er wurde zum Sniper ausgebildet und kam 2018 nach Garzan, wo er bis zuletzt mit großem Mut kämpfte und sich gleichzeitig dafür einsetzte, die Jugend zu organisieren.

Warşîn Sekvan

Warşîn Sekvan ist in Êlih (Batman) geboren und kannte die PKK bereits als Kind. Sie wuchs in einem patriotischen Umfeld auf und erlebte die auf einen Völkermord abzielende Politik des türkischen Staates hautnah mit. Als Jugendliche setzte sie sich mit der Ideologie von Abdullah Öcalan auseinander und versuchte den Ansatz zu begreifen, dass eine freie Gesellschaft auf der Freiheit von Frauen beruht. Die traditionelle Frauenrolle in der Gesellschaft lehnte sie vehement ab. Der 2015 vom türkischen Staat eingeleitete Vernichtungsfeldzug in Kurdistan erfüllte sie mit großer Wut und sie suchte nach Wegen, sich dem bewaffneten Kampf anzuschließen. In einer Zeit, in der der Staat mit der Propaganda über die Zerschlagung der Freiheitsbewegung Hoffnungslosigkeit zu verbreiten versuchte, ging sie in die Berge und wurde Guerillakämpferin. Die HPG würdigen Warşîn Sekvan als Militante, die der führenden Mission der Verbände freier Frauen (YJA Star) gerecht wurde.

Tolhildan Tekman

Tolhildan Tekman ist in Erzîrom-Tekman geboren und in einer patriotischen Familie mit der für die Serhed-Region typischen Kultur aufgewachsen. Seine Kindheit und Jugend waren geprägt vom Verbot seiner kurdischen Muttersprache und den Massakern an seinem Volk aus der Vergangenheit und Gegenwart. Er verfolgte den Kampf der Guerilla und freute sich über jede gelungene Aktion. In einer Zeit massiver Unterdrückung und Repression ging er in die Berge und wurde selbst Guerillakämpfer. Weil er sich der Guerilla unter den Kriegsbedingungen in Nordkurdistan anschloss, erlernte er schnell die notwendigen Grundlagen des Lebens und Kampfes in den Bergen. Seine Ausbildung fand in der Praxis statt und er widmete bis zuletzt jeden Moment seines Lebens dem Kampf.