Stabilität und Selbstverwaltung für Şêx Meqsûd und Eşrefiyê
In den kurdisch geprägten Stadtteilen Şêx Meqsûd und Eşrefiyê im Norden Aleppos haben die dortigen selbstverwalteten Volksräte eine umfassende Vereinbarung mit dem von der syrischen Regierung eingesetzten Ausschuss erzielt. Ziel der Einigung ist es, Stabilität, Sicherheit und das friedliche Zusammenleben in der Stadt zu fördern – unter Wahrung der besonderen politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Strukturen der beiden Viertel.
Wie der kurdische Politiker Bedran Çiya Kurd mitteilte, sei dies ein „wichtiger Schritt zur Konsolidierung lokaler Autonomie im Rahmen eines politischen Dialogs mit Damaskus“. Die Einigung gilt als Teil eines umfassenderen Prozesses, der mittelfristig auch die Rückkehr der Vertriebenen aus Afrin ermöglichen soll.
Die wichtigsten Punkte des Abkommens im Überblick:
* Anerkennung und Schutz: Die Stadtteile Şêx Meqsûd und Eşrefiyê werden offiziell als Stadtviertel von Aleppo anerkannt. Ihre besondere kulturelle, soziale und politische Identität wird respektiert und geschützt.
* Selbstverwaltung und Koordination: Die lokale Verwaltung, die Sicherheitskräfte und kommunalen Einrichtungen der beiden Viertel bleiben bestehen und arbeiten künftig koordiniert mit den zuständigen Behörden Aleppos, insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge.
* Innere Sicherheit: Die Asayîş-Kräfte (Behörde für innere Sicherheit der Selbstverwaltung) bleiben in den Vierteln stationiert und arbeiten künftig unter definierten Mechanismen mit dem syrischen Innenministerium zusammen. Andere bewaffnete Gruppen dürfen nicht eingreifen.
* Entwaffnung und Truppenbewegungen: Alle militärischen Einheiten ziehen mit ihren Waffen in Gebiete östlich des Euphrat ab. Die Kontrolle verbleibt bei den inneren Sicherheitskräften.
* Entmilitarisierung des öffentlichen Raums: Straßenbarrikaden werden entfernt, zentrale Kontrollpunkte bleiben unter Kontrolle der Inneren Sicherheit.
* Zwei Sicherheitszentren werden jeweils in beiden Vierteln eingerichtet, um Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten.
* Reisefreiheit: Den Bewohner:innen wird vollständige Bewegungsfreiheit innerhalb und außerhalb Aleppos garantiert. Personen, die vor dem Abkommen gesucht wurden, sollen nicht strafverfolgt werden – sofern sie keine schweren Verbrechen begangen haben.
* Bildungssystem: Das derzeitige Bildungsmodell bleibt bestehen, bis im Rahmen der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens eine einheitliche Entscheidung getroffen wird.
* Koordinierung zwischen Regionen: Ein spezielles Gremium soll den Verkehr und Austausch zwischen Aleppo und den selbstverwalteten Regionen Nord- und Ostsyriens erleichtern.
* Zivile Dienste: Die zivilgesellschaftlichen Einrichtungen der beiden Stadtteile werden gleichberechtigt mit anderen Bezirken Aleppos zusammenarbeiten, ohne Diskriminierung.
* Vertretung in öffentlichen Institutionen: Die Bewohner:innen erhalten vollen und fairen Zugang zu Repräsentation in der Handelskammer, im Provinzrat und anderen städtischen Einrichtungen – gemäß syrischem Recht.
* Gefangenenaustausch: Beide Seiten verpflichten sich zur Freilassung von Gefangenen und einem Austausch aller festgehaltenen Personen nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit.
* Fortbestand lokaler Strukturen: Die bestehenden kommunalen, administrativen und bildungspolitischen Strukturen – inklusive lokaler Räte – bleiben erhalten, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist.
Umfassender Friedensplan
Das Abkommen ist als erste Phase eines größeren politischen Plans zu verstehen. Langfristig soll die sichere Rückkehr der Bevölkerung aus Efrîn ermöglicht werden. Die seit 2018 von der Türkei und ihren dschihadistischen Milizen besetzte Region werde in den kommenden Gesprächen eine „zentrale Rolle“ einnehmen, so Bedran Çiya Kurd. Der Politiker sprach von einem „umfassenden Friedensplan“ und wertet die Einigung als bedeutenden Schritt zur Deeskalation im komplexen syrischen Machtgefüge. Sie zeige, dass trotz politischer Spannungen Koexistenz und lokale Lösungen möglich seien.