Feminizid an Esra: Gedenken in Hannover

Auf dem „Ni Una Menos“-Platz in Hannover hat eine Gedenkkundgebung für die am Dienstag in Burgdorf ermordete Esra stattgefunden.

In Hannover ist an die in Burgdorf ermordete Ezidin erinnert worden. Am Freitagabend kamen über 60 Menschen auf dem „Ni Una Menos“-Platz zusammen, um Esra aus Celle zu gedenken, die im Alter von 35 Jahren und als Mutter von zwei Kindern von ihrem Ehemann ermordet wurde. Erst kurz vorher hatte sie entschieden, sich von ihrem späteren Mörder zu trennen. Neben dem Gedenken sollte mit der Kundgebung auch das patriarchale System hinter diesem und allen weiteren Feminiziden sichtbar gemacht und benannt werden.

Nach einer Schweigeminute wurden mehrere Redebeiträge gehalten. Xatê Hati, die Vorsitzende des Ezidischen Kulturzentrums Celle, sagte, dass Feminizide in Deutschland eine traurige Alltagsrealität sind: „Dies muss sich ändern. Statistisch gesehen ist der männliche Partner der gefährlichste Mensch im Leben einer Frau und damit ist und bleibt Gewalt an Frauen politisch und darf nicht ins Private verschoben werden“. Weiter benannte sie auch die Gewalt in der an Feminizide anschließenden Berichterstattung: „In der Presse wird oft verharmlosend von einer Beziehungstat gesprochen, wie auch in diesem Fall. Es ist und bleibt ein Feminizid, denn die Frau wurde getötet, weil sie eine Frau ist und weil der Mann (hier der Ex-Partner) seinen Besitzanspruch gefährdet sieht. Eine Frau gehört nur sich selbst, keinem anderen – und es ist eine gesellschaftliche Aufgabe von Familien und sozialen und staatlichen Einrichtungen, dafür zu sorgen, dass Männer keine Täter werden und Frauen so leben können, wie sie ihr Leben leben wollen.“

Amara vom Frauenrat Ronahî in Hannover rief dazu auf, den Prozess gegen den Mörder von Esra zu beobachten, „denn die patriarchale Gewalt zieht sich häufig auch durch das Rechtssystem. Feminizide werden nicht ordentlich aufgearbeitet und Täter von Feminiziden oder versuchten Feminiziden werden mit unglaublich milden Strafen verurteilt“. Sie wendete sich auch an die Männer auf der Gedenkkundgebung: „Als Männer solltet ihr euch auch damit auseinandersetzen, wieso Männer Frauen umbringen. Diese Auseinandersetzung ist wesentlich, damit sich das Patriarchat auch in einem jeden von uns abbaut.“

Zum Abschluss wurden zu den Bildern von Esra weitere Blumen gelegt und Kerzen aufgestellt. Die versammelten Menschen rückten noch einmal näher zusammen, einige weinten und umarmten sich. „Es war eine sehr emotionale Kundgebung. Sie hat die Realität von Feminiziden und dem Alltag dieser Gewalt deutlich gemacht und näher gebracht. Ich gehe mit einem Gefühl von Verbundenheit und auch viel Wut über die patriarchale Gewalt, die wir als Frauen und andere unterdrückte Geschlechter jeden Tag erleben, nach Hause“, sagte Andrea von Women Defend Rojava am Ende des Gedenkens.

Der „Ni Una Menos“-Platz in Hannover (auch Goseriedeplatz genannt) wurde, angelehnt an die gleichnamige lateinamerikanische Bewegung, als solcher von Aktivist:innen umbenannt, um auch hier in Deutschland Aufmerksamkeit auf die alltäglichen Feminizide zu werfen. Seit seiner Umbenennung finden nach Feminiziden in der Region Gedenkveranstaltungen an diesem Ort statt.

Aufgerufen zu der Gedenkkundgebung haben der feministische Rat Hannover, das demokratische Gesellschaftszentrum NAV-DEM Hannover, das ezidische Kulturzentrum Mala Êzîdiya Celle, Women Defend Rojava Hannover, der Dachverband des Êzîdischen Frauenrats und die Frauenbegegnungsstätte UTAMARA.

Titelfoto: Katja Spigiel