Gedenken an Hrant Dink: 15 fehlende Jahre

In Istanbul haben Tausende Menschen vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude der armenischen Wochenzeitung Agos an den vor 15 Jahren von einem türkischen Faschisten ermordeten Journalisten Hrant Dink erinnert.

Der armenische Journalist Hrant Dink ist am 19. Januar 2007 vor dem Gebäude der Wochenzeitung Agos in Istanbul auf offener Straße erschossen worden. Jahrelang wurde er von nationalistischen Kräften in Gesellschaft und Justiz verfolgt, weil er den Genozid am armenischen Volk im Osmanischen Reich als solchen bezeichnete. Auch kurz vor seinem Tod war er Anfeindungen ultranationalistischer Kreise und gerichtlicher Verfolgung ausgesetzt – wegen „Beleidigung des Türkentums”. Dink setzte sich für die Rechte von Minderheiten und eine Versöhnung zwischen Armenier:innen und Türk:innen ein, stritt für Demokratie, Freiheit und gesellschaftliche Auseinandersetzung über den Genozid von 1915. Die türkische Regierung lehnt diese Einstufung bis heute kategorisch ab.

Am Tatort in Istanbul hat am Jahrestag seiner Ermordung eine Gedenkveranstaltung für Hrant Dink stattgefunden. Trotz Pandemie-Bedingungen zogen Tausende Menschen vor das ehemalige Redaktionsgebäude in der Halaskargazi Caddesi, darunter Familienangehörige, Abgeordnete der HDP und CHP sowie Vertreter:innen der „Samstagsmütter“ und zahlreicher weiterer Parteien und Organisationen. Die Straße wurde von der Polizei von beiden Seiten abgeriegelt, es fanden Vorkontrollen statt.

An dem Gebäude hing ein riesiges Bild von Hrant Dink mit dem Schriftzug „15 fehlende Jahre“. Auf dem Bürgersteig wurden Nelken niedergelegt und Kerzen angezündet. Die Menschen hielten Fotos und Schilder in den Händen, auf denen in mehreren Sprachen stand: „Für Hrant, für Gerechtigkeit“.

Um 15.05 Uhr, dem Zeitpunkt des Mordes, kam die Familie Dink zum Gedenkort und es wurde eine Schweigeminute abgehalten. Danach wurde die Aufnahme einer Rede von Hrant Dink abgespielt. Rakel Dink hielt eine Ansprache an ihren ermordeten Mann und sagte: „15 Jahre sind vergangen, seit die in deinen Rücken abgefeuerten Kugeln dich uns genommen haben. Ich kann deine Stimme immer noch hören. Wenn du erzählt hast, was deinem Volk angetan wurde, bist du jedes Mal des Verrats und des Dolchstoßes in den Rücken beschuldigt worden. Und du hast immer gesagt: Liebt eure Feinde, seid gütig zu denen, die euch hassen, wünscht denen Gutes, die euch verfluchen, betet für die, die euch beleidigen.“