Düsseldorf: Zehntausende für Ende des Chemiewaffeneinsatzes in Kurdistan

In Düsseldorf sind mehr als 25.000 Menschen am Samstag zusammengekommen, um gegen den Chemiewaffeneinsatz des türkischen Staates in Kurdistan zu protestieren.

Mehr als 25.000 Menschen sind nach Angaben der Veranstalter am Samstag in Düsseldorf zusammengekommen, um gegen den Chemiewaffeneinsatz des türkischen Staates in Kurdistan zu protestieren. Zur Demonstration unter dem Motto „Stop Chemical Warfare in Kurdistan! #YourSilenceKills“ hatte der kurdische Dachverband KON-MED aufgerufen. Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet reisten an, um ein Ende der Kriegsverbrechen in Kurdistan einzufordern und die internationale Gemeinschaft an ihre Pflichten zu erinnern.

Ab 10 Uhr versammelten sich die Teilnehmer:innen zu Auftaktkundgebungen an zwei verschiedenen Startpunkten der Demonstration. Nach etwa zwei Stunden setzten sich beide Züge dann vom DGB-Haus und von den Rheinwiesen aus in Bewegung. Viele Protestierende trugen weiße Schutzanzüge als Symbol für die chemischen Angriffe. Mitgebrachte Gasmasken durften zunächst noch getragen werden. Später mussten sie auf Anweisung der Polizei unter das Kinn gezogen werden.


„Schluss mit der deutschen Unterstützung für die Türkei“

Die Demonstration verlief friedlich. Die Teilnehmer:innen kritisierten in Sprechchören und Redebeiträgen immer wieder das Schweigen der internationalen Staatengemeinschaft gegenüber den Kriegsverbrechen und dem Chemiewaffeneinsatz des türkischen Staates in Kurdistan. Zahlreiche Demonstrierende führten Bilder von Kämpferinnen und Kämpfern der kurdischen Guerilla mit, die durch türkisches Giftgas ermordet wurden. Mit kreativ gestalteten Transparenten, die Slogans trugen wie „Der Angriff auf Kurdistan ist ein Angriff auf uns alle und unsere Werte“, „Schluss mit der deutschen Unterstützung für die Türkei“ und „Der türkische Staat ermordet Kurden mit chemischen Waffen – Euer Schweigen tötet!“ sowie einer Installation mit drei Affen, die nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, und den Fahnen der EU, NATO und USA verschafften sie ihren Botschaften Nachdruck.

KON-MED: Deutschland macht sich mitschuldig

Die beiden Ko-Vorsitzenden von KON-MED, Engin Sever und Zübeyde Zümrüt, zogen ein positives Fazit. „Tausende Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet sind heute in Düsseldorf zusammengekommen. Die kurdische Bevölkerung, aber auch sehr viele solidarische Menschen haben eine klare Haltung zum Ausdruck gebracht. Sie fordern ein sofortiges Ende der Chemiewaffeneinsätze in Kurdistan! Es handelt sich um ein fortdauerndes Kriegsverbrechen und wir werden zu diesem Verbrechen nicht schweigen“, erklärte Sever. Zümrüt machte auf die Mitverantwortung der deutschen Bundesregierung bei türkischen Kriegsverbrechen aufmerksam und kritisierte die Untätigkeit in Berlin: „Die Bundesregierung erklärte jüngst, sie sehe keinen Anlass für eine internationale Untersuchung des türkischen Chemiewaffeneinsatzes. Das ist aus unserer Sicht skandalös. Die Türkei ist ein wichtiger Bündnispartner Deutschlands. Die Bundesregierung unterstützt das Regime in Ankara politisch, finanziell, aber auch militärisch. Wenn gerade die Bundesregierung gegenüber diesen Verbrechen in Kurdistan untätig bleibt, macht sie sich aus unserer Sicht mitverantwortlich.“

Gisela Penteker verurteilt Chemiewaffeneinsätze

Auf der Abschlusskundgebung wurden ebenfalls Redebeiträge gehalten, dazwischen gab es musikalische Beiträge und Tänze. Unter anderem trat die Türkeibeauftragte der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW und Allgemeinmedizinerin Gisela Penteker auf die Bühne und sprach über den Einsatz türkischer Chemiewaffen in Kurdistan. Im September, als sich die Meldungen über Chemiewaffenangriffe überschlugen, hatte die IPPNW eine Delegationsreise nach Südkurdistan unternommen, um den Vorwürfen nachzugehen, Bildmaterial zu sichten und Proben zu entnehmen und bewerten. Im Oktober wurde dann ein Bericht veröffentlicht, welcher die Vorwürfe kurdischer Organisation in Teilen bestätigt sieht und eine unverzügliche unabhängige internationale Untersuchung als notwendig erachtet.

Gemeinsam kämpfen!

Penteker sprach aber auch die Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Deutschland an: „In Eurem Alltag seid Ihr wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft, das bestreitet niemand. Viele sind inzwischen in der zweiten und dritten Generation hier. Aber wenn sie sich als Kurden äußern, dann haben sie gleich wieder ihren Stempel und ihr Stigma. Und wenn es uns nicht gelingt, das zu überwinden, und gemeinsam gegen Faschismus, gegen Giftgas, gegen all die Dinge, die uns belasten, zu kämpfen, dann werden wir nichts erreichen.“ Weiter äußerte Penteker Bewunderung für die neue gesellschaftliche Ordnung in Kurdistan, die sie in der Türkei und in Syrien auch selbst erleben konnte. „Es ist unser aller Kampf, dass diese Ideen und die Gerechtigkeit Wirklichkeit werden!“ Für ihre Rede gab es viel Applaus.