In Ankara sind im Rahmen des politischen Vernichtungsfeldzugs gegen die kurdische Opposition am Dienstagmorgen zahlreiche Wohnungen von einer Sondereinheit der türkischen Polizei gestürmt worden. Neunzehn hauptsächlich junge Menschen wurden unter Einsatz von Gewalt festgenommen und auf das Polizeipräsidium gebracht. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren der Oberstaatsanwaltschaft der türkischen Hauptstadt. Unter den Festgenommenen befinden sich auch mehrere Studierende.
Wie die Staatsanwaltschaft verlauten ließ, würden die Festgenommenen in Verdacht stehen, Teil der „Jugendstrukturen“ der PKK und ihres Dachverbands KCK zu sein und „terroristische Aktivitäten“ für diese zu betreiben. Das hätten Ermittlungen des Dezernats für Terrorbekämpfung der Polizei ergeben. Details nannte die Behörde nicht.
Die Eltern einiger der von dem Vorgehen Betroffenen haben den Polizeieinsatz gegenüber MA geschildert. So berichtete Ethem Ozğan, dessen Sohn Lokman Sevkan in Gewahrsam genommen wurde: „Gegen 6 Uhr wurde unsere Wohnungstür mit einem Rammbock aufgebrochen. Kaum hatten sich die Polizisten Zutritt in unsere Räume verschafft, wurden wir alle auf den Boden geworfen. Sie hielten uns ihre Waffen an den Kopf und drohten, uns zu erschießen. Währenddessen traktierten sie uns. Wir wurden auf besonders entwürdigende Weise beschimpft und beleidigt. ‚Ihr habt hier nichts zu suchen. Das nächste Mal lassen wir euch nicht am Leben‘, sagten sie.“
Die aufgebrochene Wohnungstür von Ethem Ozğan. „Sie hätten auch klingeln können.“ (c) MA
Bevor die Polizei abzog, sei Ethem Ozğan mit Gewalt dazu genötigt worden, ein Polizeiprotokoll zu unterzeichnen, wonach die Razzia „ohne irgendwelche Zwischenfälle“ abgelaufen wäre. „Dies ist ein gewöhnliches Beispiel vom Faschismus in diesem Land und die feindliche Gesinnung gegenüber dem kurdischen Volk“, sagte Ozğan und verurteilte das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Derweil hatten die Festgenommenen noch keinen Kontakt zu einer Rechtsvertretung.