TJK-E ruft Aktionstag zur Verteidigung der Frauenrevolution aus

Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) hat den 14. Dezember zum Aktionstag für die Verteidigung der Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien erklärt und ruft zur Solidarität mit den dort kämpfenden Frauen auf.

14. Dezember

Die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) hat den 14. Dezember zum Aktionstag für die Verteidigung der Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien erklärt. Wie die Organisation am Montag mitteilte, seien alle Frauen, insbesondere Kurdinnen, die demokratische Öffentlichkeit und alle, die auf der Seite der Menschlichkeit stehen, aufgerufen, sich an diesem Datum durch Aktionen und Veranstaltungen mit Rojava zu solidarisieren. „Dieser Tag ist der Tag, um den Kampf zu verstärken“, so die TJK-E.

In Syrien ist an diesem Wochenende eine neue Seite aufgeschlagen worden: Das Regime von Baschar al-Assad wurde gestürzt. Eine Blitzoffensive Dschihadisten unter der Führung der Islamistenallianz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) trieb den jahrelangen Machthaber in die Flucht – und das Land in ungewisse Zeiten. Beteiligt an dem Feldzug durch Syrien ist auch die von der Türkei gesteuerte „Syrische Nationalarmee“ (SNA), die im Windschatten der sich überschlagenden Ereignisse die in Şehba gelegene Stadt Tel Rifat besetzt hat und nun versucht, den Kanton Minbic zu überrennen.

HTS und SNA: Zwei Seiten derselben Medaille

Die TJK-E sieht in HTS und SNA zwei Seiten derselben Medaille. Ihre Feldzüge durch Syrien seien ein Versuch, das Land zu zerstückeln und zu besetzen und stellten einen schwerwiegenden Angriff auf die kulturellen und sozialen Strukturen der Gesellschaften des Landes dar. „Sie richten sich auch gegen die Errungenschaften des Kampfes für die Befreiung der Frau und gegen die menschlichen Werte, mit dem Ziel, diese zu zerstören. Die Bemühungen, Syrien durch diese dschihadistischen Milizen, die aus Terrornetzwerken und Organisationen wie Al-Qaida, IS oder Al-Nursa hervorgegangen sind, umzustrukturieren und diese Gruppen als „honorable politische Akteure“ darzustellen, werden zu Recht mit der Übergabe Afghanistans an die Taliban verglichen“, so die kurdische Frauenbewegung.

Seit Jahren werden von pro-türkischen Milizen in Syrien schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Diese setzten sich mit Beginn der Dschihadisten-Offensiven von HTS und SNA am 27. November fort. So wurden unter anderem Kämpferinnen einer autonomen Frauengruppe aus dem selbstverwalteten kurdischen Stadtteil Şêxmeqsûd in Aleppo durch SNA-Söldner verschleppt, in Tel Rifat befinden sich Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde in der Hand der Türkei-treuen Islamisten. Weit mehr als 120.000 Menschen wurden im Zuge der Besetzung der Region vertrieben. Hinzu kommen dutzende Tote und Verletzte durch fortgesetzte Angriffe der Besatzungstruppen, nicht nur in Tel Rifat.

„Als Kurdische Frauenbewegung in Europa gedenken wir mit großem Respekt all derer, die durch diese Angriffe ihr Leben verloren haben und verurteilen diese Besatzungs- und Völkermordattacken mit Wut. Der faschistische türkische Staat hat die Entwicklungen in Syrien ausgenutzt. Er versucht durch den Einsatz ihm treu ergebener Söldnerbanden, die Demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien zu beseitigen.“ Die TJK-E berichtet in ihrem Aufruf zu dem Aktionstag über die bereits erfolgten Veränderungen der Demografie durch die Türkei in den von ihr besetzten Gebieten Syriens. „Die kurdische Bevölkerung wurde gewaltsam vertrieben, die Verbleibenden zwangstürkisiert. In den durch die Vertreibungen entstehenden Leerräumen in der Region wurden gezielt andere Gruppen angesiedelt. Viele internationale Organisationen haben bestätigt, dass der türkische Staat eine Politik des physischen und kulturellen Völkermords an den Kurdinnen und Kurden verfolgt. Gegenwärtig wird diese genozidale Politik von HTS und SNA weitergetragen. Verbrechen wie systematische Plünderungen, Folter und Hinrichtungen sind in ihren Herrschaftsgebieten weit verbreitet.“

YPJ-Kämpferinnen im Visier der Angreifer

Von der Verfolgung der Dschihadisten sind auch viele Minderheiten Syriens betroffen, etwa Alevit:innen, Suryoye, Ezid:innen oder Armenier:innen. Vor allem in den von der Türkei besetzten Gebieten ist der Alltag geprägt von einer Politik des Ethnozids und der Identitätszerstörung. „Praktiken wie Vertreibung, das Niederbrennen von Häusern, die Zwangsumsiedlung von Menschen, die Zerstörung der Umwelt und die Auslöschung von Identitäten zielen nicht nur auf die physische Existenz eines Volkes ab, sondern sie zerstören auch gezielt die Kultur, die Erinnerung und die Zukunft dieses Volkes“, betont die TJK-E. Oft würden Kämpferinnen der Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) ins Visier genommen – jene Frauen, die maßgeblich am Kampf gegen den IS beteiligt waren und sind. Der türkische Staat und seine Milizen übten durch Angriffe an den YPJ Rache für die Niederlage des IS. Damit werde eine Philosophie angegriffen, die auf der Formel „Jin, Jiyan, Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) basiert und in Syrien unter der Führung der YPJ aufgebaut wurde. „Die Frauen in Rojava kämpfen seit Jahren gegen Unterdrückung, Besatzung und Gewalt und bauen eine Gesellschaft auf, die auf Gleichheit und Freiheit basiert. Dieser Widerstand der Frauen ist nicht nur ein Kampf für die Freiheit eines Volkes, sondern für die Freiheit der gesamten Menschheit.“

Kämpfende Frauen Rojavas Hoffnungsschimmer für die Zukunft aller Völker Syriens

Eben deshalb dürfe die Unterdrückung des Frauenbefreiungskampfes, die Zwangsvertreibung von Völkern und die Verletzung menschlicher Werte nicht zugelassen werden. „Diese Angriffe richten sich nicht nur gegen Rojava, sondern auch gegen die gemeinsamen Werte der gesamten Menschheit. Für die Frauenrevolution in Rojava einzutreten und die Solidarität zu stärken bedeutet darum heute, sich auf die Seite der Gerechtigkeit und der Menschenwürde zu stellen. Vergessen wir nicht, dass es heute wie damals die Frauen sind, die den Kampf für die Freiheit im Nordosten Syriens, in Rojava, anführen. Der Widerstand der Frauen ist der ehrenvollste Widerstand der Geschichte für die Freiheit aller Völker. Der Freiheitskampf der Frauen in Rojava ist ein Vorbild dafür, wie eine gleichberechtigte Welt und eine freie Gesellschaft aussehen kann. Aus diesem Grund ist der Freiheitskampf der Frauen ein sehr wichtiger Hoffnungsschimmer für die Zukunft aller Völker. Heute ist es an der Zeit, den Kampf für die Freiheit gemeinsam aufzunehmen. Dieses Land wird auf der Grundlage einer freien Gesellschaft, durch den Widerstand der Völker und der Frauen gegen jahrelange Unterdrückung und Dunkelheit, gestaltet werden. Frauen, Kurd:innen und alle anderen dort lebenden ethnischen und religiösen Minderheiten, werden sich weiterhin gegen diese Angriffe wehren und auf jeden Fall als Sieger:innen hervorgehen.

Wir werden gemeinsam Widerstand leisten, wir werden gemeinsam siegen! Jin, Jiyan, Azadî!“