Sicherheit der Kurd:innen „essentiell“
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat von der neuen Führung in Syrien die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen gefordert. Zusammen mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot habe sie das Angebot der EU unterbreitet, dabei mitzuhelfen, dass „das zukünftige Kapitel Syriens ein friedliches und freies wird“, sagte Baerbock am Freitag in Damaskus nach einem Treffen mit De-facto-Herrscher Ahmed al-Scharaa. Der Chef der Islamistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) empfing die Minister:innen im früheren Palast des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad, der vor rund vier Wochen unter HTS-Führung gestürzt worden war.
Deutschland will bei Machtübergang helfen
Baerbock, der al-Scharaa einen Handschlag bei der Begrüßung demonstrativ verweigerte, betonte, dass Syrien „einen politischen Dialog unter Einbeziehung aller ethnischen und religiösen Gruppen, unter Einbeziehung aller Menschen“ und damit „auch der Frauen in diesem Land“ brauche. Alle müssten am Verfassungsprozess und einer zukünftigen Regierung beteiligt werden. Deutschland wolle Syrien helfen bei einem „inklusiven friedlichen Machtübergang, bei der Versöhnung der Gesellschaft, beim Wiederaufbau“, erklärte die Grünen-Politikerin.
Rückkehr in internationale Gemeinschaft „kein Automatismus“
Eine Rückkehr Syriens in die internationale Gemeinschaft sei „kein Automatismus“, mahnte Baerbock im weiteren Verlauf. Auch dafür brauche es „einen innersyrischen Prozess, der nicht von außen gestört werden darf“, sagte sie mit Blick auf die Nachbarstaaten Syriens. Diese müssten die territoriale Integrität und Souveränität des Landes achten. Syrien dürfe „weder erneut zum Spielball fremder Mächte noch zum Experiment radikaler Kräfte“ werden.
Sicherheit der Kurd:innen „essenziell“
„Essenziell“ sei auch die Sicherheit der Kurd:innen, betonte Baerbock. Dafür brauche es ein Ende der Kämpfe im Norden des Landes, verlässliche Sicherheitsgarantien für die Kurd:innen und eine Integration der kurdischen Kräfte in die gesamte syrische Sicherheitsarchitektur – in die laut der Ministerin auch die von der Türkei gesteuerte Dschihadistenallianz „Syrische Nationalarmee“ (SNA) integriert werden soll. „Unsere Gesprächspartner und wir waren uns einig: Die Aufnahme von ersten Gesprächen mit den kurdisch dominierten SDF ist ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung“, sagte Baerbock.
Barrot: Kurd:innen als gleichberechtigte Partner in den Friedensprozess einbeziehen
Al-Scharaa traf sich Anfang der Woche erstmals mit einer Delegation der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD, auch SDF). Zuvor hatte er angekündigt, dass kurdische Gruppen in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien in die reguläre Armee des Landes integriert werden sollen. Barrot, der am Vorabend des Treffens in Damaskus mit dem QSD-Generalkommandanten Mazlum Abdi telefonierte, betonte, dass eine dauerhafte politische Lösung in Syrien nur dann erreicht werden könne, wenn die Kurd:innen als gleichberechtigte Partner in den Friedensprozess einbezogen werden. „Es muss eine Lösung gefunden werden, die alle Gruppen in Syrien berücksichtigt“, so der französische Außenminister.
Foto: Handout/Sana