Zübeyir Aydar: „Ein großer Krieg ist möglich“

Zübeyir Aydar vom Exekutivrat der KCK warnt vor einem großen Krieg in Syrien. Es bestehe die Gefahr, dass die Kräfte, die Assad gestürzt haben, einen neuen Bürgerkrieg beginnen.

Krieg in Syrien

In St. Gallen in der Schweiz fand im kurdischen Kulturzentrum eine Volksversammlung mit dem Exekutivratsmitglied der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), Zübeyir Aydar, statt. Aydar analysierte die Situation nach dem Sturz des Assad-Regimes.

Assad hat sich auf Russland verlassen“

Aydar beschrieb die aktuelle Situation als eine Phase, in der sich die politischen Balancen jeden Moment änderten. Er führte aus: „Das syrische Regime ist in kürzester Zeit zusammengebrochen. Dafür gibt es Gründe. Es hat versucht, sich, als alle bereits sagten, dass es fallen würde, zu halten. Das Assad-Regime verließ sich auf die russische Unterstützung und betrachtete sein Fortbestehen als langfristig sicher.“

Die Türkei ist ein Friedenshindernis“

Die Kurd:innen seien ein wichtiger Akteur in der Region, sagte Aydar und fuhr fort: „So sehr die Kurden auch die Hand ausstreckten, man hat sie nicht ergriffen. Die Kräfte dort waren nicht zu einer Lösung bereit. Der Iran hat in diesem Sinne auch eine Rolle gespielt. Nur war die Türkei das größte Friedenshindernis.“

Eine unvorhersehbare Phase steht bevor“

Aydar wies darauf hin, dass Syrien ein Land mit vielen verschiedenen Identitäten sei und dass das Schicksal dieser Identitäten heute vollkommen unklar ist. Die Frage nach deren Zukunft sei aber die entscheidende Frage für Syrien. „Mehrere bewaffnete Organisationen sind in Damaskus eingedrungen. Die Frage eines unabhängigen Syriens stellt sich nach wie vor. Die Türkei ist der größte Feind der Kurden. Eine unvorhersehbare Phase erwartet uns. In diesem Prozess ist unsere Position sehr wichtig“, so Aydar.

Diejenigen, die Assad gestürzt haben, werden aufeinander losgehen“

Der KCK-Vertreter beschrieb: „Die bewaffneten Gruppen dort sind undisziplinierte Plünderer. Wir haben das selbst gesehen. Diejenigen, die heute Assad gemeinsam gestürzt haben, werden morgen um Land und Besitz kämpfen. Das ist ihr Krieg. Unser Kampf ist ein disziplinierter Kampf. Wo es keine Disziplin gibt, gibt es Plünderungen. Wenn es um die Frage geht, was für eine Regierung geschaffen werden soll, dann sticht einem diese Realität ins Auge.“

Wir müssen die Stimme von Rojava sein“

Aydar betonte, dass die Kurd:innen auf jeden Fall Teil einer neuen Regierung in Syrien seien müssten. Diese Tatsache sei indiskutabel. Allerdings stehe dem die Türkei entgegen: „Die Türkei will nicht, dass die Kurden in einer neuen Regierung an der Kommission teilnehmen. Wenn diese Forderung der Türkei akzeptiert wird, dann steht uns ein weiterer Krieg bevor. Wir Kurden in der Diaspora müssen dies weltweit auf die Tagesordnung bringen. Es herrscht ein heftiger Krieg und es ist notwendig, die Pläne der Türkei zu vereiteln. Wir befinden uns in einem Chaosintervall und wer sich in dieser Zeit selbst einsetzt, wird in der Zukunft auch über eigene Ressourcen verfügen. Wir müssen Rojavas Stimme und zivilgesellschaftliche Kraft sein. Der Iran bleibt weiterhin für Israel eine ernste Bedrohung und Israel wird alles daran setzen, nicht zu unterliegen. Wir haben unser Land im Irak beansprucht, wir haben es in Syrien getan und jetzt ist der Iran dran. Das wird unvermeidlich sein. Deshalb tätigt die Türkei innenpolitisch so widersprüchliche Äußerungen. Sie hat Angst.“