Seit 30 Jahren lebt der aus Dersim stammende Kurde Emrah Demir in Frankreich. Bei einem Familienbesuch in der Türkei wurde er im Februar 2018 in Bursa festgenommen und befand sich neun Tage in Polizeigewahrsam. Das Land durfte Demir nach seiner Entlassung nicht verlassen. Im Juli wurde er erneut für zwei Wochen inhaftiert. Grund dafür waren diverse Facebook-Likes. Ihm wurde gedroht, seine ganze Familie zu verhaften, sollte er zu den Beschuldigungen gegen ihn keine Aussagen machen. In der Anklageschrift gegen Demir heißt es, der „Angeschuldigte betreibt über die von ihm genutzte soziale Plattform Facebook Propaganda für die Terrororganisation PKK/KCK“.
In der ANF vorliegenden Anklageschrift wird Emrah Demir beschuldigt, ein Foto „der in Frankreich getöteten Fidan Doğan, Leyla Şaylemez, sowie der zu den hochrangigen Anführern der Terrororganisation PKK/KCK gehörenden Sakine Cansız - Codename Sara,“ auf der Facebookseite des Hamburger Profiboxers Ismail Özen geliked zu haben. Weiter heißt es: „Den am 25. August 2016 von dem Facebook-Nutzer namens Ismail Özen geteilten deutschen Textbeitrag über Mitglieder der Terrororganisation PKK/KCK versah der Beschuldigte mit einem Like.“ Desweiteren wird Demir beschuldigt, am 4. August 2016 eine „sogenannte Kurdistan-Landkarte“ mit einem Like versehen zu haben.
Demir erklärte in seiner Aussage, dass damals, als er den Post geliked hatte, die sogenannte Lösungsphase - ein Dialog zwischen der PKK und der Regierung der Türkei - stattgefunden habe. Inzwischen wurde er entlassen und konnte nach mehr als fünf Monaten nach Frankreich zurückkehren. Es erwartet ihn jedoch noch ein weiterer Prozess. Während seiner Inhaftierung wurde er immer wieder zu seinen Verbindungen zu Ismail Özen befragt, obwohl Demir erklärte, den Profiboxer persönlich gar nicht zu kennen.
Ismail Özen: Haft von Demir macht mich fassungslos, wütend und traurig
Ismail Özen erklärte dazu in einer schriftlichen Stellungnahme: „Ich habe kurdische Wurzeln, das kurdische Volk wurde und wird im Laufe seiner gesamten Geschichte bis heute unterdrückt und verfolgt. Als jemand, der uneingeschränkt für Gerechtigkeit, Gleichheit und Demokratie einsteht, ist es mir unmöglich, gegen diese Unterdrückung nicht die Stimme zu erheben. Sollte ich in irgendeiner Form zum Anlass dafür gemacht worden sein, dass ein anderer Mensch auch nur eine Stunde in Haft verbringen musste - geschweige denn neun Tage, wie im vorliegenden Fall - dann macht mich das fassungslos, wütend und traurig.“