Sara-Sprecherin nach Drohnenangriff rechtes Bein amputiert

Der Frauenrechtlerin Halime Mihemed Osman musste das rechte Bein amputiert werden. Es war bei dem jüngsten Drohnenangriff des türkischen Staates auf Kobanê zerfetzt worden.

Ignorierter Krieg

Halime Mihemed Osman muss sich auf ein eingeschränktes Leben einstellen. Der Sprecherin des Ortsverbands der Organisation Sara zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Kobanê wurde in einem Krankenhaus das rechte Bein amputiert. Es war bei einem Drohnenangriff des türkischen Staates zertrümmert worden. Unter- und ein großer Teil des Oberschenkels mussten entfernt werden.

Es hatte sich um den mindestens 93. Drohnenangriff gehandelt, den die Türkei seit Anfang des Jahres gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyriens verübt hat. Halime Mihemed Osman und ihr Ehemann Elî Mistefa Osman waren gerade auf der Rückfahrt nach Hause, als ihr Fahrzeug auf Höhe des rund zwanzig Kilometer östlich des Stadtkerns von Kobanê gelegenen Dorfes Ênbetê (Ayn Al Batt) von einer fliegenden Tötungsmaschine des türkischen Staates ins Visier genommen wurde.

Halime Mihemed Osman (c) Hawarnews

Am Steuer saß der Mann von Osman. Zwar wurde auch er verletzt, unter anderem an Kopf, Auge, Arm und Bein. Ihm gelang es aber, sich selbstständig und vor allem rechtzeitig aus dem Wagen zu befreien und die Mutter der fünf gemeinsamen Kinder zu retten. Kurz nach dem Beschuss durch die fliegenden Bomben war das Familienfahrzeug schon in Brand geraten. Kurze Zeit später stand es bereits komplett in Flammen. Halime Mihemed Osman war da gerade erst befreit worden. Ein hinzugerufener Krankenwagen hatte das Paar schließlich in eine nahegelegene Klinik verbracht.

Dort zeigte sich Halime Mihemed Osman trotz dieses heftigen Schicksalsschlages kämpferisch. „Sie können unseren Willen nicht brechen, nicht durch solche Angriffe“, sagte die Frauenrechtlerin an ihrem Krankenbett zu einer Reporterin der Nachrichtenagentur Hawarnews. „Wir wissen, dass es die Absicht des türkischen Staates ist, die Kurdinnen und Kurden zu vernichten. Für dieses Ziel wird unter anderem die Strategie der Vertreibung verfolgt. Wir aber werden unser Land nicht aufgeben. Ganz gleich, wie brutal die Bombardierungen sind.“


Elî Mistefa Osman ergänzte: „In den Regionen Nord- und Ostsyriens herrscht relative Sicherheit und Stabilität. Diese Ruhe wird durch die ständigen Angriffe der Türkei und ihrer Verbündeten gestört. Wir lassen uns jedoch nicht entmutigen und werden unsere Würde weiter verteidigen -mit aller Kraft und im Sinne des Paradigmas von Abdullah Öcalan.“ (c) Hawarnews


Osman sieht in dem Angriff, der sie schwer verletzte, Ausdruck einer „tiefen Angst“ des türkischen Regimes vor der „Macht der Frauen“. Deshalb seien es häufig die Frauen Nord- und Ostsyriens, die von den Besatzern ins Visier genommen würden. Nicht umsonst habe sich der Drohnenangriff vom 23. Juni 2020 in Helîncê, der zugleich den Auftakt des völkerrechtswidrigen Luftkrieges der Türkei gegen Nord- und Ostsyrien markierte, gegen drei Vertreterinnen der Frauenbewegung von Rojava gerichtet, so Osman. „Wir werden nicht müde, auf diesen Fakt hinzuweisen und internationale Organisationen aufzufordern, ihre Pflichten zu erfüllen, damit das humanitäre Völkerrecht auch für uns Kurdinnen und Kurden gilt.“