Berliner Polizist wegen Gewalt gegen Kurden verurteilt
In Berlin ist ein Polizist wegen massiver Gewaltanwendung gegen einen kurdischen Demonstranten zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und suspendiert worden. Dabei handelt es sich um ein Novum.
In Berlin ist ein Polizist wegen massiver Gewaltanwendung gegen einen kurdischen Demonstranten zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und suspendiert worden. Dabei handelt es sich um ein Novum.
Über eine Million in Deutschland lebende Kurdinnen und Kurden sind seit Jahren von Kriminalisierung betroffen. Friedliche Demonstrationen werden zum Schauplatz von Polizeigewalt, diese wird mit Verweis auf das PKK-Verbot als legitim betrachtet. Jetzt ist jedoch endlich ein polizeilicher Gewalttäter verurteilt worden.
Im Oktober ist in der BZ eine Meldung mit der Überschrift „Berliner Prügel-Polizist bekommt ein Jahr Haft auf Bewährung“ erschienen. Der Name des Polizisten wurde in dem Bericht anonymisiert und die kurdische Demonstration, um die es unter anderem ging, nicht erwähnt. Wie ANF-Recherchen ergeben haben, wurde der Polizist verurteilt, weil er einen zwanzigjährigen Kurden im Gefangenentransporter misshandelt hat.
Der Vorfall ereignete sich am Rande einer Demonstration am 1. Dezember 2018 zum 25. Jahrestag des PKK-Verbots in Deutschland. Unter dem Motto „Der Wunsch nach Freiheit lässt sich nicht verbieten“ zogen Tausende Menschen vom Alexanderplatz nach Kreuzberg. Von Beginn kam es zu polizeilichen Provokationen, die in brutale Gewalt ausarteten. Demonstranten wurde mit Fäusten ins Gesicht geschlagen, sie wurden getreten, beleidigt und bedroht. Einer der Betroffenen wollte hinterher Anzeige gegen den Polizisten Tony A. stellen, scheiterte jedoch an mangelnden Beweisen für seine Misshandlung.
Als der heute 22-jährige Kurde, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte, von dem Polizisten traktiert wurde, wurde es selbst einigen Kollegen zu viel. Tony A. verteidigte sich mit der Behauptung, dass er zuerst angegriffen worden sei. Dem widersprach die Polizistin Lisa G. und zeigte ihren Kollegen an.
In dem Prozess vor dem Berliner Amtsgericht gegen Tony A. sprach die Staatsanwältin im Plädoyer von „einer Art Selbstjustiz“ und beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Zur Anklage kam auch ein weiterer Fall, in dem der Polizist einen Betrunkenen misshandelt haben soll.
Tony G. behauptete vor Gericht, er selbst sei zuerst durch einen Faustschlag des kurdischen Demonstranten verletzt worden. Diese Aussage wurde von Lisa G. dementiert. Nach Angaben der Hauptbelastungszeugin wurde der junge Kurde ohne Anlass im Gefangenentransporter zu Boden gebracht und geschlagen.
Die Richterin befand die Aussagen der Zeugin als glaubwürdig und verurteilte den Polizisten zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung. Tony A. ist inzwischen aus dem Polizeidienst entlassen worden.
Türkischer Nationalismus bei der Berliner Polizei
In zahlreichen weiteren Fällen von Polizeigewalt auf kurdischen Demonstrationen sind keine Ermittlungen eingeleitet worden. In Berlin ist vor allem auch der offenbar gezielte Einsatz von polizeilichen Erdogan-Anhängern mit türkischem Migrationshintergrund ein gesondertes Problem. 2017 hatten Ausbilder der Berliner Polizeiakademie von einem massiven Problem mit „türkischem Nationalismus“ in den eigenen Reihen berichtet.
Ebenfalls 2017 ist in Berlin eine Demonstration gegen das Verbot von Symbolen der PYD und YPG/YPJ von der Polizei angegriffen worden, drei Aktivisten wurden dabei verletzt. In Videoaufnahmen war zu sehen, wie ein Polizist sich dem Kurden Şemsettin Sevim von hinten nähert und mit einem harten Gegenstand auf ihn einschlägt. Sevim wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert, gegen den gewalttätigen Polizisten wurde kein Verfahren eingeleitet.