„Sabotage gegen freie kurdische Presse“

Die bei den kurdischen Fernsehsendern Stêrk TV und Medya Haber in Denderleeuw vorgenommenen Durchsuchungen haben nach Ansicht der Belegschaft nur darauf abgezielt, die freie Presse zu sabotieren.

Razzien bei Stêrk TV und Medya Haber

Die in der Nacht zum Dienstag von der belgischen Bundespolizei vorgenommenen Durchsuchungen bei den kurdischen Fernsehsendern Stêrk TV und Medya Haber TV haben nach Ansicht der Belegschaft darauf abgezielt, diese zu kriminalisieren und zu sabotieren. Überfallartig hätten sich hunderte Beamte gewaltsam Zutritt in die Studios sowie Räumlichkeiten der Produktionsfirmen Sterk N.V, Roj N.V. und Hivron N.V in Denderleeuw verschafft, als sich so gut wie niemand in den Büros aufhielt und ohne dass die Geschäftsführung sowie Rechtsvertretung zugegen gewesen sei, erklärte Heval Aslan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der beiden Sender. Die Moderatorin warf den Behörden vor, die Durchsuchungen seien in rechtswidriger Weise erfolgt. Rabiat vorgehende Polizisten hätten zudem haufenweise technisches Equipment, Computer und anderes Material unbrauchbar gemacht und in Teilen zerstört.

„Wir verurteilen diesen rechtswidrigen, antidemokratischen Akt mitten in Europa, der weniger einer Durchsuchung als einem Piratenangriff ähnelte“, hieß es in einer von Aslan verlesenen Erklärung. „Die Razzien in unseren Räumlichkeiten waren illegal und stellen einen Angriff auf unsere freien Medien dar, die die Stimme des kurdischen Volkes sind. Es kann kein Zufall sein, dass die türkische Polizei zur gleichen Zeit Durchsuchungen bei kurdischen Medienschaffenden in der Türkei durchführte. Bezeichnend ist auch, dass das Vorgehen auf den Tag der kurdischen Presse fiel, der in diesem Jahr zum 126. Mal begangen wurde.“ Aslan erinnerte auch an Durchsuchungen, die im März 2010 stattgefunden hatten, als in den Studios in Denderleeuw noch Sendungen für Roj TV produziert wurden. Auch damals hätten die beteiligten Polizisten für eine große Verwüstung gesorgt, darüber hinaus Computer, Festplatten und anderes Material beschlagnahmt. In juristische Konsequenzen für die Produktionsfirmen sei das Vorgehen aber nicht gemündet.


Aslan beschrieb die neuerlichen Durchsuchungen als „Schlag auf das Recht des kurdischen Volkes auf Informationsfreiheit“. „Der türkische Staat und seine internationalen Verbündeten haben bisher Hunderte von Angriffen auf die kurdischen Medien verübt, aber sie haben keine Ergebnisse erzielt. Denn wir, die Medienschaffenden der freien Presse, haben unseren Beruf unter allen Umständen und trotz aller Arten von Druck weiter ausgeübt und werden dies auch weiterhin tun. Piraterie ähnliche Überfälle, Verhaftungen und Beschränkungen werden uns nicht von unserem Weg abbringen können. Der türkische Staat hat das jahrelang versucht, hat Dutzende unserer Kolleginnen und Kollegen ermordet. Die freie Presse konnte er damit nicht aufhalten.“

Es bestünden keine Zweifel daran, dass die Durchsuchungen von letzter Nacht das „Ergebnis der schmutzigen Beziehungen mit dem faschistischen Erdoğan-Regime“ seien, betonte Aslan. „Deshalb fragen wir die belgische Regierung: Als Ergebnis welcher Art von schmutzigen Verhandlungen mit dem faschistischen Erdoğan-Regime organisieren Sie einen Angriff auf die kurdischen Medien? Sie müssen dies den Kurdinnen und Kurden, Belgien und der Weltöffentlichkeit erklären. Unsere Botschaft an die belgischen Medien, Organisationen der Zivilgesellschaft und politischen Parteien lautet: Wir produzieren hier TV-Sendungen. Unsere Arbeit ist öffentlich, unsere Studios sind für alle zugänglich. Jeder, insbesondere die Polizei, kann jederzeit unsere Studios und Büros besuchen und unsere Arbeit hier verfolgen. Auf illegale Aktivitäten, egal welcher Art, wird niemand stoßen können.“

Aslan sagte, die Razzien seien zu „100 Prozent in rechtswidriger Weise erfolgt“ und kündigte juristische Schritte gegen die belgische Bundespolizei an. „Wir werden den Rechtsweg bis zum Ende ausschöpfen und unsere Arbeit als Schaffende der freien kurdischen Presse fortsetzen. Wir werden weiterhin die Stimme unseres Volkes sein. Keine Macht kann in der Lage sein, diese Stimme zum Schweigen zu bringen. Wir geben unserem Volk, unseren Freundinnen und Freunden, aber auch den faschistischen Kreisen, die versuchen, uns zum Verstummen zu bringen, folgende Botschaft mit auf den Weg: Wir sind hier. Wir sehen uns in der Verantwortung, unser Volk zu informieren und unsere Sprache und Kultur zu verbreiten. Wir betrachten diese Aufgabe als heilig und wertvoller als unser Leben. Aller Unterdrückung zum Trotz werden wir unser Wort auch weiter schreiben und unsere Kamera auf die Wahrheit richten. Wir taten dies schon, als die Dörfer und Wälder Kurdistans vom türkischen Staat niedergebrannt wurden, Massaker an Frauen und Kindern verübt wurden, Menschen aus Hubschraubern in den Tod gestoßen wurden. Und auch waren es die Verantwortlichen der freien kurdischen Presse, die von den Gräueltaten des IS berichteten, als sich niemand darum scherte. Die Welt weiß das. Wir werden uns weiterhin für das Gute, die Wahrheit und die Realität einsetzen.“