40. Jahrestag des Massakers von Çorum
Am 27. Mai jährt sich der Beginn des Massakers von Çorum in der Türkei zum 40. Mal. Von der Regierung aufgestachelte Rechtsextremisten ermordeten 57 Alevit*innen und verletzten über 300.
Am 27. Mai jährt sich der Beginn des Massakers von Çorum in der Türkei zum 40. Mal. Von der Regierung aufgestachelte Rechtsextremisten ermordeten 57 Alevit*innen und verletzten über 300.
Zwei Jahre nach dem von türkischen Faschisten in der nordkurdischen Stadt Gurgum (Maraş) verübten Pogrom, bei dem bis zu 500 alevitische Männer, Frauen und Kinder ermordet wurden, folgte ein weiteres Massaker in der Stadt Çorum. Am 27. Mai 1980 hallte die Parole „Blut für Blut – Rache – auch wenn unser Blut fließt, der Sieg gehört dem Islam“ durch die Straßen der Stadt in der anatolischen Schwarzmeerregion. Zuvor war der bekannte Faschist und MHP-Politiker Gün Sazak von Unbekannten getötet worden. Dem Attentat war massiver Terror von „Grauen Wölfen“ vorausgegangen. Unter anderem sollten Frauen gezwungen werden sich zu verschleiern. Das Attentat war der Startschuss für die erste Welle des Pogroms. Am 28. Mai dann zog eine Demonstration der Faschisten durch Çorum und steckte Läden und Wohnungen von Linken und Alevit*innen in Brand. Der Staat griff drei Tage lang nicht ein und verhängte schließlich eine Ausgangssperre. Festgenommen wurden vor allem alevitische Verteidiger*innen ihrer Stadtviertel.
Nachdem sich die Lage beruhigt hatte, verbreiteten MHP-Faschisten Anfang Juli das Gerücht, Alevit*innen hätten eine Bombe in eine Moschee geworfen. Es folgten bewaffnete Angriffe auf alevitische Viertel. Bei dem Massaker wurden bis zu 57 Menschen getötet und über 300 verletzt. Eine Augenzeugin berichtete gegenüber der Alevitischen Gemeinde Berlin: „Tage später kamen Freunde und Verwandte, die diesen Mord überlebt haben. Verdammt – der Vater meiner Freundin, er war ein Dede, wurde lebendig in den Ofen geschmissen. Überall auf der Straße lagen abgeschnittene Ohren. Ich habe da gedacht, dass Aleviten noch weniger wert sind als Tiere, denen man vor der Schächtung die Augen zubindet, damit sie keine Angst bekommen. Mit Aleviten darf man alles machen. Jahre später wurde ich bestätigt, als diese Barbaren in Sivas erneut Aleviten lebendig verbrannten. Der damalige Justizminister hat die Verteidigung der Mörder übernommen. Aleviten sind Beute. Jeder darf sie töten. Ich habe als Alevitin Angst in der Türkei. Ich möchte dort als Alevitin niemals leben.“
Dass die Bilanz nicht noch schlimmer ausfiel, hing mit dem Widerstand der alevitischen Bevölkerung zusammen. Viele von ihnen waren mittlerweile in der vor dem Militärputsch am 12. September 1980 starken Linken organisiert und verteidigten die alevitischen Stadtviertel tagelang in Eigeninitiative.
Partei der Mörder heute an der Regierung beteiligt
Die Strategie, mit der die MHP vorging, war typisch. So hatte sie das Pogrom von Maraş durch einen selbst gelegten kleinen Sprengsatz bei der Vorstellung eines faschistischen Kinofilms ausgelöst. Auch in Çorum war es die MHP und die Grauen Wölfe, die sich für das Massaker verantwortlich zeichneten. Heute sitzt die MHP in der türkischen Regierung und die Grauen Wölfe betreiben auch in Deutschland eine Vielzahl von „gemeinnützigen Vereinen“.