Letztes Wort des Angeklagten: Bijî Serok Apo!

Halil Ibrahim Karataş ist im Nisêbîn-Prozess zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe plus 21 Jahren verurteilt worden. Er befindet sich seit neun Tagen im Hungerstreik, um die medizinische Behandlung eines Mitgefangenen durchzusetzen.

Im Massenprozess gegen 70 Angeklagte, die im Mai 2016 die von türkischen Sicherheitskräften weitflächig zerstörte Kreisstadt Nisêbîn (türk. Nusaybin) verlassen haben und festgenommen wurden, ist das 49. Urteil gesprochen worden. Halil Ibrahim Karataş, der sich im Gefängnis von Osmaniye seit neun Tagen im Hungerstreik befindet, wurde zu erschwerter lebenslänglicher Haft plus 21 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die letzten Worte des Angeklagten im Gerichtssaal lauteten: „Bijî Serok Apo!“.

Karataş ist vor neun Tagen zusammen mit zwei Mitgefangenen aus demselben Verfahren in einen Hungerstreik getreten, um eine ärztliche Behandlung für Mehmet Faruk Engin durchzusetzen. Engin ist in Nisêbîn verletzt worden und hat seit vier Jahren Granatsplitter im linken Bein.

In Nisêbîn und anderen Städten in Nordkurdistan war 2015 nach dem Scheitern des Friedensprozesses die Selbstverwaltung proklamiert worden. Die Vorstellung von einer Selbstverwaltung war auch im Dolmabahçe-Abkommen, einem Zehn-Punkte-Plan, der den Rahmen für die Friedensverhandlungen zwischen dem türkischen Staat und der PKK darlegte, enthalten. Das Abkommen wurde im Frühling 2015 von Recep Tayyip Erdoğan einseitig umgeworfen. Anschließend wurde Abdullah Öcalan vollständig von der Öffentlichkeit isoliert und die Wahlen vom 7. Juni 2015, aus denen die Demokratische Partei der Völker (HDP) mit dreizehn Prozent erfolgreich hervorgegangen war, wurden annulliert. In der Folge wurde der schmutzige Krieg gegen die kurdische Zivilbevölkerung wieder ausgeweitet.